01. – 21.01.2019
Am ersten Tag des neuen Jahres heisst es wieder einmal Abschied nehmen. Matthias, unser «Reise-Adoptivsohn ?», sattelt seine BMW und möchte so schnell wie möglich nach Namibia weiterreisen und hofft, so der Regenzeit zuvorzukommen … Wie wir ein paar Tage später von ihm erfahren, hat er sich zwei weiteren Motorradfahrern aus Belgien angeschlossen, Vater und Sohn, welche ebenfalls auf dem Weg nach Namibia sind und die wir bei Toni Togo in Lomé kennen gelernt haben. Der Gedanke, ihn alleine auf den Kamerunischen und Kongolesischen Pisten zu wissen, hat uns nicht wirklich behagt und so sind wir froh, ist er nun in guter Gesellschaft.
Lennart und Julian bringen Sven nach Cotonou zum Flughafen und werden die nächsten drei Wochen in Benin herumreisen, bevor auch Julian wieder nach Deutschland zurückfliegt. Lennart wird Ende Januar sein Toyota Buschtaxi in Cotonou in einen Container stecken und nach Walvis Bay in Namibia verschiffen …
Auch Jo und Renate aus Österreich, zu zweit auf einem KTM Motorrad vom Chad und der Zentralafrikanischen Republik herkommend, ziehen weiter. Sie sind nach Norden unterwegs.
Wir wünschen euch allen weiterhin eine gute, unfallfreie und erlebnisreiche Reise und hoffen, einige von euch dann irgendwo im südlichen Afrika wieder zu sehen ?!
Wir geniessen noch für einen Tag die Ruhe hier im Awalé Plage in Grand Popo, bevor auch wir der Küste entlang nach Cotonou weiterziehen. Die Strasse führt uns an Lagunen voller blühenden Seelilien vorbei, wo wir auch hie und da eines der hier zum Teil noch erhaltenen Häuser auf Stelzen im ufernahen Bereich erspähen …
In Ouidah, dem wichtigsten Ort des hier weitverbreiteten Voodoo-Glaubens, biegen wir von der Hauptstrasse ab und nehmen die «Route des Pêches» unter die Räder. Diese sandige Piste führt von hier bis nach Cotonou an den aus Holz und/oder Palmwedeln gebauten Hütten der Fischer entlang, direkt hinter dem feinsandigen, kilometerlangen Strand. Gleich zu Beginn machen wir noch einen Halt. Auch hier in Benin wurden unzählige Gefangene aus dem Inland als Sklaven verkauft und unter menschenunwürdigen Bedingungen nach Südamerika und in die Karibik verschifft. Ihnen zu Ehren ist hier ein Denkmal aufgestellt worden. An diesem wunderschönen Ort an das grausame Schicksal dieser Menschen erinnert zu werden, macht mich irgendwie noch mehr betroffen und traurig als an den anderen besuchten Orten, wo dasselbe geschehen ist.
Eingangs Cotonou hat sich ein Künstler niedergelassen, welcher aus dem Müll, den er am Strand sammelt, irre Skulpturen herstellt. So steht eine Vespa da, ein dreirädriges TuckTuck, ein König samt Entourage und noch vieles mehr. Eine wirklich originelle Art des Recyclings ?!
Wiedersehen macht Freude und kommt oft unverhofft – beim in Overlander-Kreisen bekannten Guesthouse eines Schweizers in Cotonou treffen wir wieder auf Lennart und Julian sowie auf die beiden belgischen Motorradfahrer. Leider passt MANni nicht in die gesicherten Parkbuchten und so bleiben wir eben draussen an der Strasse stehen … der Nachtwächter hat auch ein sicheres Auge auf uns ?.
Eigentlich wollten wir das Gabun Visum erst in Kamerun holen – wie wir erfahren, ist es hier aber sehr einfach und schnell. Somit sind wir kurz nach der Öffnungszeit auf der Botschaft und schon 1 ½ Stunden später mit dem Visum im Pass wieder unterwegs, diese von Kleinmotorrädern, Dreck und Staub verseuchte Stadt zu verlassen. Manche Quartiere, besonders diejenigen an den Ausfallstrassen, sind so schmutzig und staubig, wie wir es noch nie gesehen haben – und die Städte in Afrika sind überall sehr staubig und schmutzig, aber hier … ☹!
Eigentlich hatten wir geplant, in Lagos, Nigeria, den Mann zu besuchen, der uns das Einladungsschreiben für das Nigeria-Visum gemacht hat. Leider ist er noch bis zum Wochenende in seinem Heimatdorf und so entscheiden wir uns, einen kleineren Grenzübergang weiter nördlich zu nehmen und den Moloch Lagos mit seinem unendlichen Verkehrsstau grossräumig zu umfahren.
Sobald wir die Küste verlassen, ändert sich die Landschaft, es wird trockener und steppenartig. Allgemein wird es nun staubiger – der Harmattan, der trockene und staubige Wind aus der Sahara, hat eingesetzt und treibt zudem auch noch die Temperatur weiter in die Höhe. Als wir uns am Nachmittag in Kétou, nahe der Grenze, in einem Hotel einquartieren, zeigt unser Thermometer 37° C an! Wir sind deshalb froh, dass das Zimmer, dass wir nehmen müssen, über eine Klimaanlage verfügt ?.
Nigeria – ein Land, welches nicht nur unter Overlandern einen schlechten Ruf geniesst! Wir sind gespannt, was von all den gehörten und gelesenen Geschichten stimmt und wie wir das Land und die anscheinend allgegenwärtige Korruption erleben werden! Um es vorweg zu nehmen: Check-Points hat es viele, vor allem auf den kleineren Strassen in Grenznähe. Damit jeder auch wirklich anhält, sind Nagelbretter über die Strasse gelegt und einfach langsam durchfahren und winken keine wirklich gute Idee … Wir «durften» auf den ersten 80 km im Land 27 Mal anhalten und unsere Papiere vorweisen – eine zeitraubende Angelegenheit! Auf den Schnellstrassen im Inland stehen die Polizisten und Militärs wohl des Öfteren, angehalten werden wir dort jedoch sehr selten. Nur in ganz vereinzelten Fällen werden wir nach einem «gift» oder gar nach Geld gefragt. Nicht einmal wird uns wegen einem angeblichen Verkehrsdelikt eine Busse angedroht und kein einziges Mal werden unsere Papiere eingezogen, um erst nach der Bezahlung von Bakschisch wieder herausgegeben zu werden – wir werden von den Offiziellen immer zuvorkommend und meistens sehr höflich behandelt! Bei vielen Check-Points, an denen wir angehalten werden, erregt die Tatsache, dass wir mit einem LKW von der Schweiz bis hierhin gefahren sind, viel Erstaunen und wir werden oft lachend in Nigeria willkommen geheissen. Das Schreckensgespenst Nigeria haben wir also in dieser Hinsicht überraschend positiv erlebt ?!
Strassentechnisch würden wir Nigeria folgendermassen einordnen: Nebenstrassen schlecht, schmal und mit Schlaglöchern übersäht. Falls mal ein besserer bis guter Abschnitt beginnt, hat es einen Check-Point nach dem Anderen oder vor in und nach den Dörfern widerliche Speedbumps. Die Haupt- resp. Schnellstrassen sind in einem akzeptablen bis guten Zustand und nur vereinzelt wird an den Check-Points, und hier meistens in Ortschaften, kontrolliert. Auffallend sind auch hier die unzähligen Fahrzeugwracks, welche die Strassenränder säumen – Autos, Busse und Lastwagen werden einfach verbeult, zerschmettert und verbrannt wie sie sind an Ort und Stelle zurückgelassen und verrosten!
Eine Besonderheit auf Nigerianischen Schnellstrassen, welche in jeder Fahrtrichtung doppelspurig verlaufen: die langsamen Vehikel, vor Allem die schwer beladenen Lastwagen, halten sich meistens auf der linken Spur auf und werden rechts überholt. Das hat zur Folge, dass sich auch MANni immer wieder mal auf der rechten Spur aufhält und an seinen «Kollegen» vorbeirauscht oder im Schlangenlinienkurs von rechts nach links wechselt, um an allen vorbeizukommen ? …
Da dieses und die nachfolgenden Länder z.T. noch vor kurzem mit Unruhen und/oder politischen Schwierigkeiten zu kämpfen hatten oder immer noch haben, kommt für uns (leider) ein wildes Campieren weniger in Frage – wir suchen uns jeweils ein Hotel oder ein Guesthouse, wo wir im gesicherten Innenhof parkieren können. Meistens sind wir dadurch gezwungen, ein Zimmer zu nehmen, eine nicht immer billige Angelegenheit. Und manchmal dauert es auch etwas länger, bis im Haus ein Zimmer gefunden ist, in dem auch alles einigermassen funktioniert ? … erst das sechste (und teuerste!) uns gezeigte Zimmer wird auch von der Direktion als soweit gut eingestuft – wir erhalten es dann sogar zum Preis des ersten und billigsten Zimmers, welches uns gezeigt wurde ?! Aber das Übernachten in klimatisierten Räumen hat einen unerwünschten Nebeneffekt – schon nach wenigen Tagen sind wir beide erkältet und husten ☹.
Je weiter wir nach Südosten kommen, desto grüner wird die Landschaft. Wir fahren zum Teil durch Sumpfgebiete, wo Reis angebaut wird und von Urwald bewachsene Hügel werden häufiger. Zum zweiten Mal auf unserer Reise überqueren wir hier in Nigeria über eine imposante Brücke den Niger – hier wälzt er sich breit und träge durch die Landschaft.
Schon in Togo und Benin haben wir das Geschehen an der Grenze Nigeria / Kamerun aufmerksam verfolgt. Der Grenzübertritt von Ikom nach Ekok (dem einzigen, der für uns soweit problemlos zu bewältigen ist, da MANni für die schmalen Urwaldpisten weiter nördlich eher zu gross ist) war lange wegen der Unruhen im anglophonen Teil von Kamerun geschlossen und erst vor wenigen Tagen hat sich die Nachricht verbreitet, dass sie wieder geöffnet ist – ob auch für Touristen, weiss jedoch niemand …
Als wir am Sonntagabend in Ikom ankommen, wird uns im Hotel eröffnet, dass die Grenze nach Ekok generell wieder offen, am Montag jedoch geschlossen ist – erst am Dienstag können wir es versuchen … das fängt ja gut an! Somit sind wir gezwungen, einen Tag hier zu verbringen, nicht eben zu unserer Freude. Aber Armin hat nun Zeit, die Muttern der Spannbügel der hinteren Federn nachzuziehen, was nach der Reparatur in Lomé zwei- bis dreimal jeweils nach ca. 1000 km gemacht werden muss. Er hat schon damals der einen oder anderen Mutter nicht getraut und war sich wegen dem Drehmoment nicht sicher – die von Franz angegebenen 420 nM findet er doch etwas gar hoch … schon bald gibt es unter MANni einen Knall und ich höre es fluchen – das Gewinde eines Bügels hat das Anziehen nicht überlebt und ist eventuell sogar gebrochen! Mist – und das hier, wo wir nicht sicher sind, ob wir die Grenze bei Ekok auf Teer schaffen oder doch noch über schlechte und schmale Pisten weiter nördlich durch den Urwald fahren müssen! Denn ohne den benötigten Druck auf das Federpacket ist ein Federbruch vorprogrammiert … Zum Glück kann uns ein von der Rezeptionistin herbeigerufener Mechaniker Ersatzmuttern besorgen, diese sind jedoch nicht von der benötigten Qualität … somit können wir nur hoffen, dass es hält, bis eine seriösere Reparatur möglich ist.
Damit sich die triefende Nase von Armin hoffentlich wieder etwas beruhigen kann, handle ich mit dem Hotelmanagement aus, dass wir die zweite Nacht gegen Bezahlung einer «Parkgebühr» im MANni schlafen können … ohne die ganze Nacht von einer Klimaanlage angeblasen zu werden! Denn ohne diese ist es in den Hotelzimmern noch weniger zum Aushalten als im MANni mit geöffneten Fenstern!
Dienstag, 8. Januar 2019 – schon früh fahren wir die wenigen Kilometer zur Grenze, welche um 8 Uhr öffnet. Auch hier viele Check-Points – einige der Beamten wünschen uns viel Glück, andere meinen ganz bestimmt, dass wir die Grenze nicht passieren können, lassen uns aber dennoch weiterfahren …
Auf der Seite von Nigeria wird uns empfohlen, erst einmal zu Fuss über die Brücke auf die Kameruner Seite zu gehen und nachzufragen, ob wir einreisen dürfen … als wir dem Officer erklären, dass wir für Nigeria ein multiple-entry Visum haben und somit wieder einreisen könnten, falls uns Kamerun zurückschickt, bekommen wir doch den Ausreisestempel – good luck! Nach der Brücke werden wir angehalten und ein Beamter steigt zu uns herein, um uns die wenigen hundert Meter zur Immigration zu begleiten – auch er weiss nicht, ob wir hier wirklich einreisen können, das entscheidet dann der Postenchef des Immigrationsbüros. Und überhaupt, die Strasse ist gesperrt. Warum denn das? – Sie ist gesperrt, erst morgen wieder offen! Warum das so ist, können wir nicht in Erfahrung bringen …
Wir werden in den ummauerten Hof des Postens geleitet, MANni wird aussen und innen inspiziert und wir angewiesen, auf den Chef zu warten, er sei unterwegs hierhin. Unterdessen ist es 8:30 Uhr und wir sind immer noch zuversichtlich, dass wir es schaffen werden … Es sind nicht sehr viele Leute und Fahrzeuge unterwegs, es ist unerwartet ruhig für einen Hauptgrenzübertritt … und wir warten, werden vertröstet – er kommt – und warten … endlich um 13:30 Uhr, fährt der sehnlichst erwartete Postenchef ein. Er selber und die ihn begleitenden Polizisten sind schwer bewaffneten und mit schusssicheren Westen ausgestattet. Das kann ja heiter werden … Kurze Begrüssung – wir warten weiter … er taucht wieder auf – «Gebt mir fünf Minuten, dann komme ich zu euch!» – diese wenigen Minuten dehnen sich aus und werden zu zwei Stunden! Um 15:00 Uhr wird uns eröffnet, dass wir vielleicht einreisen können. Da jedoch Krieg herrscht, können wir nur mit Eskorte nach Mamfé, der nächst grösseren Ortschaft, fahren. Und diese Eskorte muss ja erst noch organisiert werden!
Ausserdem regt er sich noch auf, dass uns die Botschaft im weit entfernten Abidjan (Elfenbeinküste) das Visum ausgestellt hat, denn die wissen ja nicht, wie es aktuell hier aussieht! Können wir da etwas dafür? «Habt ihr nicht gewusst, dass hier ein Kriegsgebiet ist? Ihr könnt nur begleitet weiterfahren, alleine ist es viel zu gefährlich!» – «Wir wissen, dass es in diesem Gebiet Konflikte gegeben hat, aber von einer kürzlichen Eskalation wissen wir nichts und das Visum haben wir ja erhalten … Haben wir eine andere Möglichkeit, mit unserem Fahrzeug von Nigeria nach Kamerun zu kommen? Gibt es einen anderen Grenzübertritt, der für uns machbar ist?» – Auf diese Fragen haben wir bis heute noch keine Antwort erhalten …
Was doch solche lästigen Schweizer mit einem grossen Fahrzeug, welche an einem für Touristen eigentlich nicht geöffneten Zoll im Krisengebiet einreisen möchten, doch für unnötige Arbeit generieren ? … Um 17:00 Uhr ist uns klar, dass heute gar nichts mehr geht und wir somit die Nacht gut bewacht in diesem «Kriegsgebiet» verbringen werden!
(Schon seit einigen Jahren gibt es in Kamerun Konflikte, da sich der anglophone und ehemals zu Nigeria gehörende, kleinere südwestliche Teil des Landes vom französischsprechenden, grösseren Teil abspalten möchte. Die Regierung in Yaoundé ist so weit gegangen und hat dem rebellischen Gebiet das Internet und die Telefonverbindungen gekappt resp. abgestellt. Im November des letzten Jahres haben Wahlen stattgefunden und es wurde prognostiziert, dass es, egal wie die Wahlen enden, zu einem Bürgerkrieg kommen wird. Bis jetzt ist die Lage noch relativ ruhig, es wird aber immer schwieriger, das Visum für dieses Land zu bekommen. Wie erwähnt, war die Grenze zu Nigeria bei Ikom / Ekok längere Zeit geschlossen und niemand weiss, wie lange es so bleibt. Somit hatten wir sicherlich Glück, dass wir eine Zeitspanne erwischt haben, wo es uns zähneknirschend erlaubt wurde, hier in das Land einzureisen. Denn unsere «Sicherheit» LKW gilt hier nicht … ?)
Neuer Tag – neue Hoffnung. Um 9:30 Uhr erhalten wir das ersehnte und erhoffte o.k. für die Einreise ?. So schnell geht das aber dann doch nicht – nachdem das Carnet und die Pässe abgestempelt sind, wird unser rollendes Heim innen und aussen äusserst genau von zwei mit MP ausgerüsteten Polizeibeamten nach Waffen abgesucht. Alle Schränke und Schubladen müssen geöffnet werden, die Rückenpolster der Sitzgruppe werden abgenommen, in jeden dunklen Winkel wird mit der Taschenlampe geleuchtet, jede Kiste wird geöffnet und abgesucht … einer der beiden winkt schon lange ab und meint, dass es gut sei, der andere jedoch will es genau wissen … äusserst suspekt ist dann der Wassertank, denn dort drinnen herrscht schwarze Dunkelheit und wer weiss, was wir für eine Flüssigkeit transportieren? Erst als Armin einen Becher nimmt, Wasser direkt aus dem Tank schöpft und dieses trinkt, ist der Beamte von der Harmlosigkeit des Inhalts überzeugt … Auch die Aussenstaukästen und die Garage werden genauestens untersucht. Armin muss alle Rako-Kisten ausladen und öffnen und der Inhalt erzeugt mehr als einmal das Erstaunen der Männer – was diese westlichen Touristen so alles auf eine Reise mitnehmen, unglaublich ?! … Endlich gibt sich auch der kritischere Mann zufrieden und wir sind froh, dass sie nicht gemerkt haben, dass in der Führerkabine noch weitere Kisten hinter den Sitzen sind. Denn wer weiss, was passiert wäre, wenn sie die Drohne entdeckt hätten …
Wie wir angewiesen worden sind, habe ich mich vor der Kontrolle auf dem Posten gemeldet, wo es heisst, wir können gehen (Aha, nun doch ohne Eskorte?) … und da niemand an der Schranke, wo wir stehen, auftaucht und wir auch hier das o.k. zur Weiterfahrt erhalten, machen wir uns alleine auf, Kamerun zu entdecken …
Am ersten Check-Point werden wir angehalten und der ob unserem Auftauchen erstaunte Beamte greift zum Telefon … schon nach kurzer Zeit braust ein Auto heran und der erboste Postenchef von der Grenze staucht uns zusammen, was uns denn einfällt, einfach alleine zu fahren, ohne die erforderliche Eskorte! Alle Insassen im Auto sind wieder schwer bewaffnet und tragen schusssichere Westen. Als sie uns auf dem Weg nach Mamfé hinterherfahren, fragen wir uns, was sie bei einem Überfall von Rebellen ausrichten und wie sie uns schützen wollen. Ausserdem tragen wir im vorderen Fahrzeug mit einer grossen Windschutzscheibe, also das potenziell erste Ziel, keine schusssicheren Westen …?
In Mamfé angekommen entschuldige ich mich nochmals ganz höflich und plötzlich ist der Chef wieder ganz nett und kann sogar lächeln … ob das meiner Entschuldigung oder der zügigen Fahrweise von Armin geschuldet ist, entzieht sich meiner Kenntnis ?. Wir sind uns jedoch sicher, dass wir seit längerem die ersten Touristen sind, die hier einreisen konnten …
Wir werden vor dem Polizeiposten mitten im Ort «deponiert», denn nun ist der hiesige Chef, der Commissioner, für die weitere Eskorte nach Bamenda zuständig … bis zum Abend läuft, ausser dass wir registriert werden und mehrmals die gleichen Fragen beantworten müssen und uns belehren lassen müssen, dass hier Krieg herrscht und der Inhalt unseres Hauses begutachtet wird und und und … überhaupt nichts und wir werden vor Einbruch der Dunkelheit zu einem nahen Hotel im «sicheren» Stadtteil geleitet und nachdrücklich angewiesen, die Nacht im Zimmer und nicht im draussen parkierten MANni zu verbringen … an diesem Abend, schon im Zimmer, hören wir zum ersten und auch einzigen Mal einige wenige Schüsse. Aber ansonsten ist alles ruhig …
Schon kurz nach der Grenze fällt uns auf, dass sehr wenige Menschen unterwegs sind, die Dörfer wirken fast wie ausgestorben, das übliche afrikanische Gewusel und die Verkaufsstände fehlen und nur wenige Fahrzeuge begegnen uns … auch in Mamfé dasselbe Bild. Uns wird erklärt, dass heute «ghosttown» sei, die Strassen gesperrt und erst morgen oder gar übermorgen wieder offen und befahrbar sind … das hat es doch schon an der Grenze für den gestrigen Tag geheissen??? Heute hier, morgen dort – was wird hier gespielt? Armin meint, Räuber und Poli, ich nehme das Ganze dann doch etwas erster …
Am nächste Morgen sind wir, wie geheissen, um 7:30 Uhr wieder vor dem Polizeiposten – und warten einen ganzen weiteren langweiligen Tag darauf, dass der Commissioner zwischendurch auftaucht und uns über das weitere Vorgehen informiert, was er aber nicht macht. Die Strassen sind auch heute fast wie ausgestorben … um 16:30 Uhr wird uns mitgeteilt, dass die angeblich organisierte Militär(!)eskorte (die Polizei kann diese gefährliche Aufgabe ab hier nicht übernehmen) schon lange hätte hier sein müssen und wir nun, angesichts der vorgerückten Zeit, wieder ins Hotel müssen – um morgen um 7:30 Uhr wieder da zu sein. Wir sind schon um 7:10 Uhr da und … warten weiter, dass nichts geschieht. Nach gut einer Stunde gehe ich mich mal erkundigen, was nun los ist – man muss auf den Commissioner warten … der war aber schon mal da und hat uns links liegen lassen! Was soll das? Wir werden sodann informiert, dass die Eskorte um 7:00 Uhr da gewesen sein soll – wir waren kurz danach hier und die hätten doch sicher ein paar Minuten gewartet, oder? Ausserdem war bekannt, wo wir uns befinden – was soll das denn nun schon wieder? Nach einer weiteren Stunde Warterei wird es uns zu bunt und verärgert mache ich dem anwesenden Sekretär klar (welcher bis jetzt den Kopf hinhalten musste und für den Chef geweibelt ist), dass wir nicht mehr länger warten wollen, es heute ja regen Verkehr auf der Strasse hat und wir deshalb auch ohne Eskorte fahren werden! Als bald danach (oh Wunder!) der Commissioner wieder auf seinem Kleinmotorrad herangebraust kommt, gehen wir hin und erklären auch ihm, dass wir fahren möchten, wenn nötig eben ohne die offensichtlich so schwierig zu organisierende Eskorte. Punkt. Erstaunlich schnell ist er damit einverstanden und lässt uns unterschreiben, dass wir über die Gefahr aufgeklärt worden sind und auf eigenes Risiko alleine fahren. Wir dürfen jedoch nicht den direkten Weg nach Douala nehmen, sondern müssen über Bamenda, ein «kleiner» Umweg von ca. 300 km! Dies, da diese Strasse weniger lang im «Kriegsgebiet» verläuft… Als wir uns verabschieden bin ich mir nicht sicher, ob der Boss nicht erleichtert ist, nun nicht mehr für uns zuständig zu sein und keine seiner so kostbaren Zeit mehr mit der Organisation einer Begleitung verschwenden zu müssen ? …
Auf der gut ausgebauten Strasse nach Bamenda kommen wir recht schnell voran und nur wenige Check-Points halten uns auf. Sobald wir uns als Touristen «outen», dürfen wir weiterfahren. Einer der Beamten gibt sogar seiner Freude Ausdruck, endlich wieder einmal Weisse zu sehen! Zweimal werden wir jeweils von drei jungen Männern mit Karabinern angehalten – es sind offensichtlich Streugruppen der gefürchteten Rebellen, welche uns nicht nach dem Leben trachten oder uns entführen wollen – sondern nur nach Geld fragen, damit sie weitere Munition kaufen können! Einer nimmt beim Näherfahren zitternd seine Flinte hoch und meint, dass sie die Munition brauchen, damit sie auf die Polizei schiessen können – auf uns schiessen sie nicht, wir sind ja keine Polizei! Wie will ein solcher Haufen Rebellen seinem Wunsch nach Selbstständigkeit für den anglophonen Teil Kameruns Gehör verschaffen und das auch durchsetzen? Sicher war der Konflikt schon ernster, aber was wir hier gesehen haben, gibt ein eher trauriges Bild ab und hinterlässt doch ein grosses Fragezeichen, wie ernst und gefährlich die Lage denn nun wirklich ist … wir glauben eigentlich nicht, dass wir nur Glück hatten, dass uns nichts geschehen ist. Wir sind eher der Ansicht, dass der Konflikt, wie so oft, von der Regierung und den Medien zugespitzt dargestellt wird und die Behörden dieses Spiel mitspielen müssen, wollen sie ihren Job behalten … Denn von den vielen Flüchtlingen, welche angeblich auf der Nigerianischen Seite in Zeltlagern dahinvegetieren sollen, haben wir nichts bemerkt und zerschossene und niedergebrannte Häuser, welche an der Strasse nach Mamfé so zahlreich zu sehen sein sollen, gibt es zwar, aber nicht allzu viele …
Es herrscht nicht allzu viel Verkehr und auch in den Dörfern sehen wir weiterhin wenige Menschen. Erst ab Bali, kurz vor Bamenda, ändert sich das Bild und das normale afrikanische Gewimmel und Gewusel ist zurück. Ich muss gestehen, mir ist nun doch etwas wohler zu Mute … Nachdem wir uns über die gute Strasse gefreut haben, wird sie ab Bamenda plötzlich grottenschlecht. Die Landschaft ist sehr schön, von dichtem Urwald überzogene Hügel und Bergkuppen dehnen sich endlos aus. Dementsprechend viele Kurven sind zu fahren und der miese Strassenzustand und ein ungewollter Abstecher auf eine schlechte Piste, welche uns das Navi dummerweise als zu fahrender Weg aufzeigt, kostet uns mehr Zeit als gedacht. Somit kommen wir weniger weit als geplant und da wir noch keine Gelegenheit hatten, unsere Westafrikanischen CFA gegen Zentralafrikanische CFA zu wechseln, haben wir auch noch kein Geld für dieses Land! Beide Währungen sind an den Euro gekoppelt, heissen (fast) gleich und haben denselben Wechselkurs, werden jedoch im jeweils anderen Währungsgebiet trotzdem nicht angenommen …
Nicht nur hier in Kamerun, auch in den nächsten Ländern staunen wir darüber, wie viele Grüntöne es gibt. Blätter, Farne, Schlingpflanzen, Gräser – jeder Baum, jede Gras- oder sonstige Pflanzensorte hat ein anderes grün! Wir fahren zeitweise an üppige wachsendem Gras vorbei, das so giftgrün ist, dass es in der Sonne fast schon fluorisziert und uns blendet … nur wenige rötliche Kronblätter von Bäumen oder Blüten durchbrechen dieses augenberuhigende Grün …
Nach einer weiteren warmen Nacht im Hof eines Hotels in Bafoussam geht es früh weiter. Viele Kurven, viele Schlaglöcher, viele Speedbumps und viele Check-Points (wo wir meistens anhalten werden und unsere Papiere vorweisen müssen) später kommen wir in Douala, dem Wirtschaftszentrum von Kamerun, an. Und hier machen wir zum zweiten Mal den Fehler, dass wir dem Wachmann glauben, dass wir auf dem Hotelparkplatz ohne Probleme für die Nacht stehen bleiben können … Wir machen es uns auf der lauschigen Terrasse bei einem kühlen Bier gemütlich und fragen erst um 17:00 Uhr bei der Rezeption nach, ob das denn auch wirklich o.k. ist? Ist es nicht – wir können parkieren, müssen jedoch ein nicht eben billiges Zimmer nehmen – was wir ja eben nicht möchten. Da heute Samstag ist und wir erst am Montag hier in Douala eine Manufaktur für Federn aufsuchen können, die auch Reparaturen durchführen soll, entscheiden wir uns kurzfristig, noch 80 km weit an der Küste nach Norden zu fahren und bei einer Lodge in Limbe den Sonntag zu verbringen. Und somit kommen wir in eine Situation, welche wir eigentlich immer vermeiden wollen – die letzten Kilometer legen wir bei Dunkelheit zurück! Als wir nach langer Sucherei und Irrfahrten endlich vor der angepeilten Lodge stehen, sieht diese ziemlich verwaist aus … zum Glück taucht jedoch ein Bediensteter auf und nach einem Telefonat mit der in Douala weilenden Besitzerin haben wir ihr o.k. und dürfen uns im schönen Garten auf den Rasen bei klimatisch sehr tropischen Verhältnissen hinstellen …
Übrigens: hier in Kamerun sehen wir zum ersten Mal auf Stöcke aufgespiesstes und am Strassenrand zum Verkauf angebotenes Buschfleisch – bis jetzt haben wir eine Art Bisamratten, Zibetkatzen, Stachelschweine, kleine Antilopen, Schlangen und Affen gesehen – manche ganz, andere ohne Kopf, wieder andere aufgeschnitten und geräuchert – ein gruseliger Anblick – die Versuchung, etwas zu kaufen, hält sich bei uns in sehr engen Grenzen …
Den Sonntag verbringen wir gemütlich mit ausspannen, mit dem Dänischen Besitzer und seinem Holländischen Nachbarn plaudernd beim nachmittäglichen Sundowner ?, mit der Suche nach einem meiner verschollenen Flipflops (wahrscheinlich ist er am Abend heruntergefallen und einer der Hunde hat ihn geklaut) und schliessen den Tag mit einem ausgezeichneten Nachtessen und einem Schlummertrunk ab, zu dem sich noch ein Deutscher gesellt, der für ein Projekt für den nahen Mount Cameroon Nationalpark arbeitet. Leider ist auch dieser Berg, der höchste in Westafrika, im «Sperrgebiet» und wir zügeln somit unsere aufkeimende Lust, an einem der Kraterseen nach Waldelefanten zu suchen und in einer der Eco-Lodges am Berg zu übernachten, so wie es uns vom Holländer schmackhaft gemacht wird … Übrigens: die hier lebenden Europäer, mit denen wir gesprochen haben, sind der Ansicht, dass die Küste bis Limbe und das Dorf selber sicher sind.
Am Montag fahren wir über verwaiste Strassen und ebensolche Dörfer zurück nach Douala – heute heisst ist wieder einmal «ghosttown»! Schnell haben wir die Federmanufaktur gefunden und völlig unkompliziert und erstaunlich professionell wird MANni unter die Lupe genommen und sich seiner Wehwehchen angenommen! Bis nach Feierabend sind die Mechaniker am Werk und wechseln die hinteren Federbügel inkl. Muttern sowie die völlig durchgeschlagenen vorderen Silentblöcke ?. Mit diesem Einsatz haben sie sich das von uns offerierte kühle Feierabendbier und die Schweizer Schokolade redlich verdient. Nun können wir mit gutem Gewissen den schlechten und schlammigen Pisten in den Kongos entgegensehen …
Da wir am Dienstag hier in Douala eine lose Abmachung mit der Mutter eines ehemaligen Arbeitskollegen von Armin haben, entscheiden wir uns, in der Stadt zu bleiben und im Deutschen Seemannsheim, dem Hotel vom Samstag, wo wir nicht stehen durften, ein Zimmer zu nehmen. Leider ist keines mehr frei und so erlaubt uns der Direktor dieses Mal, doch auf dem Parkplatz im MANni zu übernachten – kostenlos! Einzige Auflage: wir müssen um 9:00 Uhr weg sein …
Nach einigem Hin und her telefonieren und Sucherei werden wir am Dienstagmittag von Florence herzlichst begrüsst und essen zusammen mit ihr und ihrer Tochter Ngassam zu Mittag. Natürlich werden wir gefragt, wie es uns in Kamerun gefällt und wo wir alles gewesen sind – als sie hören, dass wir am Wochenende in Limbe waren, meinen beide, das sei doch in einem gefährlichen Gebiet und sie sind über unseren Mut ganz erstaunt … wir sind auch erstaunt – nicht über unseren angeblichen Mut, sondern dass Ngassam, die in Togo bei einer weltweit tätigen, offiziellen Behörde arbeitet, die Lage im Südwesten des Landes als so gefährlich einstuft und sich selber nicht in das Gebiet begeben würde! Sind die Leute hier irgendwie verängstigt, übertrieben vorsichtig, wird der Konflikt von den Medien doch hochgespielt oder sind wir zu unvorsichtig und naiv?
Die 80 Jahre alte, wie 60 aussehende und mit der Power einer 40-jährigen ausgestattete, in Genf wohnhaftende Kamerunerin Florence hat viele Beziehungen und so finden wir uns bald im Fond eines Konsulatsautos mit Chauffeur wieder und werden vom einen Kongo-Konsulat zum anderen gefahren. Diese beiden Visa wollten wir uns in Yaoundé besorgen – hier haben wir beide innerhalb von 2 ½ Stunden im Pass ?! Und dann erst noch für je 30 Tage – das eine zum Preis eines Express-Transitvisum, das andere zum Preis für Einheimische ? … so schnell haben wir es doch noch nie geschafft! Vielen Dank, Florence!
Da Florence und Ngassam wie wir am nächsten Tag nach Yaoundé fahren möchten, werden wir uns dort noch einmal treffen …
Auf dem Weg dorthin werden wir dreimal von der Strassensicherheitsbehörde aufgehalten und jeder will ein anderes Papier sehen. Einer ist der Ansicht, dass wir illegal unterwegs sind, da MANni in Kamerun keine technische Prüfung erhalten hat … erst als ich ihm das Carnet unter die Nase halte und erkläre, dass das nicht nötig ist, da wir Touristen sind, gibt er sich zufrieden. Ein anderer behauptet, Armin sei zu schnell auf die Kontrolle zugefahren und wir müssen eine Busse von FCFA 24’000 bezahlen. Ich zeige ihm mein Portemonnaie und sage, dass die FCFA 8’500 darin das einzige ist, das wir noch haben und wir höchstens FCFA 7’000 bezahlen können, da wir ja auch noch Roadtax bezahlen müssen (jeweils FCFA 500 mit Quittung) … ganz nimmt er mir das wohl nicht ab und meint, der Rest muss nun eben Armin bezahlen … aber auch der hat kein Geld mehr, teure Visa etc. … Leider habe ich vergessen, eine Quittung zu verlangen – wer weiss, ob wir dann nicht ohne «Busse» davongekommen wären ?. (Übrigens ist es das einzige Mal, dass wir das Gefühl haben, als Weisse und Touristen schikaniert respektive abgezockt zu werden.) Der dritte kritisiert das Alter des Feuerlöschers und behauptet, dass wir den ersetzen müssen …
In Yaoundé stellen wir uns in den schönen und ruhigen Garten eines Guesthouses, welches von einem Genfer geleitet wird. Kaum zu glauben, dass wir uns mitten in einer Grossstadt befinden ?! Und hier in Yaoundé betreten wir auch zum ersten Mal ein Hilton Hotel … nicht, weil wir hier klimatisiert logieren möchten, sondern weil es eine der wenigen Möglichkeiten sein soll, unsere Westafrikanischen CFA in Zentralafrikanische FCFA umzutauschen!
Am Freitagnachmittag werden wir von Florence und Ngassam zu einer kleinen Bummelfahrt zum Zoo von Yaoundé und auf den «Hausberg» abgeholt – der «Hausberg» Fébé ist schön gelegen und es gefällt uns dort gut, der Zustand des Zoos und die Tierhaltung dagegen weniger …
Im Grossen und Ganzen hat uns Kamerun sehr gut gefallen. Schöne Landschaften, tropische Flora, wenig Betteln, viel freundliches Zuwinken, strahlendes Lachen – die Lebensfreude dieser Menschen ist offensichtlich und fast greifbar. Schade, dass die angespannte Sicherheitslage ein ausgedehntes Reisen unmöglich macht.
Und schon sind wir wieder «on the road». Ein langer Fahrtag steht uns über Ebolowa und Ambam bis zur Grenze nach Gabun bevor, wo wir erst am späteren Nachmittag ankommen. Die Ausreise aus Kamerun geht schnell, die Einreise nach Gabun dagegen zieht sich in die Länge. Der einzige Beamte, der den Polizeiposten besetzt (eher ein kleiner Unterstand neben der Strasse), muss nicht nur den Ein- und Ausreisenden die Pässe resp. ID kontrollieren, er muss sich auch noch mit diesen zwei Touristen abgeben, die ohne Hotelreservation ins Land wollen! So muss er zuerst den Chef in Bitam, dem nächsten Ort, anrufen und sich Anweisungen geben lassen. Dann muss er für beide je eine Fiche mit vielen Angaben ausfüllen und sogar noch dazu schreiben, warum diese ohne Reservation oder Adresse im Land hier auftauchen und Einlass begehren … das ist gar nicht so einfach, bringt ihn immer wieder zum Studieren und dauert deshalb auch dementsprechend lange ? … Wir werden angewiesen, uns in Bitam bei der Immigration zu melden, die Fiche abzugeben und dort unsere Pässe stempeln zu lassen – zu unserem Pech ist es aber Samstagabend und das Büro sicher geschlossen, unversucht möchten wir es aber nicht lassen … als wir uns schon etwas verärgert zum angepeilten Hotel verziehen wollen, kommt ein Mann aus dem vermeintlich geschlossenen Büro und fragt uns, ob wir die Schweizer seien …? Ja sind, wir – und schon werden wir eingelassen! Schnell noch eine Kopie des Passes und des Visums im Kopiergeschäft gegenüber machen lassen und schon haben wir den Stempel im Pass und stecken nicht, wie befürchtet, bis am Montag hier fest ?.
Unterwegs hierhin haben wir wieder einmal ein typisch afrikanisches Erlebnis: wir werden, wie so oft seit wir nach Nigeria eingereist sind, angehalten und ich gehe mit unseren Unterlagen ins «Büro», meistens ein kleiner Bretterverschlag, manchmal auch ein kleineres Haus. Dort wird mir eröffnet, dass wir FCFA 10’000 Strassengebühren bezahlen müssen??? Als ich einwende, dass das aber sehr viel ist und ich noch nie davon gehört habe, sinkt der Preis sofort auf FCFA 5’000. Ich biete ihm FCFA 2’000, was für ihn o.k. ist. Da ich kein Geld dabei habe, gehe ich zum MANni hinüber und höre im Hintergrund, dass jemand mir zuruft, es sei gut, wir können fahren. Als ich mich umdrehe und mich verabschiede, kommt der erste aus der Hütte und meint, der andere hat hier nichts zu sagen, ich muss bezahlen. Zurück in der Hütte will ich erst eine Quittung über die FCFA 2’000, bevor ich damit herausrücke – die kleinen, vorgedruckten Abreisszettelchen sind jedoch erst ab FCFA 5’000 ausgestellt – was soll der gute Mann denn jetzt machen, damit er das Geld kriegt? Ich mache ihm den Vorschlag, den Betrag doch auf eines der Zettelchen mit einem handgeschriebenen Kreuz zu schreiben, so wie er es ganz zu Beginn der Verhandlungen für die FCFA 5’000 machen wollte … findet er keine gute Idee, lieber soll ich ihm die FCFA 2’000 für eine Cola geben oder eventuell ein Bier …? Ich stehe lachend auf und er begleitet mich ebenfalls lachend hinaus und verabschiedet sich freundlich, nicht ohne nach einem Foto gefragt zu haben, was ich verneine ? … und selbstverständlich ohne einen krummen Rappen erhalten zu haben ?! That’s Africa!
Der nächste Tag bringt uns vom Winter in den Sommer – wir überqueren am frühen Nachmittag den Äquator ?! Dort, wo das erinnerungswürdige Ereignis stattfindet, steht am linken Strassenrand in Gegenrichtung, also für uns nicht lesbar, ein kaputtes Schild, welches wir nicht weiter beachten … anhalten, um genauer hinzusehen und um ein Foto zu machen, möchten wir auf der nicht allzu breiten, kurvenreichen Strasse auch nicht – zu gefährlich. Somit haben wir kein Foto vom MANni und von uns am Äquator in Gabun. Na ja … es wird hoffentlich nicht das einzige Mal sein, wo wir diesen imaginären Strich zwischen Nord und Süd überfahren …
Bis am Abend erreichen wir die durch Albert Schweitzer weltberühmt gewordene Ortschaft Lambaréné, wo wir von einem Mann aus Neuchâtel ganz herzlich willkommen geheissen werden und uns ganz unkompliziert vor das Museum des Schweitzer-Hospitals hinstellen dürfen ?. Ganz ohne Schwierigkeiten geht es aber doch nicht, da für MANni die Schranke beim Eingang weiter angehoben werden und ich durch die Luke im Führerhaus aufs Dach klettern muss, um ein zu tiefhängendes Kabel sicher über unseren Grossen zu leiten …
Nach einer tropisch feuchten und heissen Nacht besichtigen wir das Museum. In diesem Haus hat der Nobelpreisträger gelebt, philosophiert, den Glauben verbreitet, musiziert, Bücher und Briefe geschrieben und ist im Alter von 90 Jahren auch hier in seinem Bett gestorben. Danach geniessen wir eine sehr interessante Führung durch das alte Hospital und sind beeindruckt von all den verschiedenen Abteilungen und Untersuchungsräumen, inkl. Zimmer für Zahnbehandlungen, Gebärzimmer, Operationsraum, Labor und weitere. Zuletzt stehen wir vor seinem Grab, welches sich unterhalb seines Wohnhauses befindet. Ich freue mich jetzt schon darauf, die auf dem E-Reader mitgenommenen Bücher dieses vielseitig begabten und wirkenden Menschen zu lesen ?!
Den Rest des Tages verbringen wir wieder auf der Strasse. Die Landschaft wird flacher und der Bewuchs wechselt von tropischem Urwald zu Grassteppe. So wie wir es einschätzen, ist diese Änderung im Bewuchs nicht Natur-, sondern Menschenbedingt – Brandrodung und Holzschlag lassen grüssen. Auch das vermehrte Auftreten von Sumpflöchern und -gebieten führen wir auf diesen Raubbau am so lebenswichtigen Tropenwald zurück!
Unterwegs, irgendwo im Nirgendwo auf einer Strasse in Gabun, kommen uns zwei Touristen auf Fahrrädern entgegen – sie sind in Südafrika losgefahren und auf dem Weg nach Norden! Hut ab vor dieser Leistung!
Zügiger als erwartet kommen wir voran und sind im Verlauf des Nachmittages des 21. Januar 2019 in Ndéndé, wo die Piste zur Grenze zur Republik Kongo beginnt. Es ist noch früh genug, die Formularitäten zu erledigen und so steuert Armin MANni nach nur zwei Tagen in diesem Land, welches etwa eine Woche vor unserer Einreise einen Putschversuch erlebt hat und wir deshalb auf direktem Weg durchfahren haben, der südlichen Grenze zu. Wir sind uns jedoch nicht sicher, ob wir nicht bis am 23. Januar mit der Einreise warten müssen, denn unser Kongo-Visum ist erst ab dann gültig … schlechte Planung ?. Unterwegs fangen wir uns bei einer Kontrolle noch einen Rüffel ein, da wir die angeblich obligatorischen Leucht-Plaketten nicht am Fahrzeug haben – der dazukommende, ältere Beamte winkt jedoch ab und lässt uns als Touristen unbehelligt gehen. Ausserdem fragt er, ob die vor wenigen Tagen hier durchgekommenen Motorradfahrer unsere Freunde seien – ja, sind sie, Matthias und die Belgier ?!
Schlagartig hört nach Ndéndé der Teerbelag auf und wir finden uns auf einer schlechten Piste wieder! Bevor wir an der Grenze sind, schaue ich noch auf i-overlander nach, wo wir genau was erledigen müssen und bemerke, dass wir den Pass in Ndéndé hätten ausstempeln lassen müssen – also Kehrtwendung und die wenigen Pistenkilometer zurück. Bei jeder Grenze bisher wurden wir angehalten oder war eine Schnur gespannt, wenn ein Stempel nötig war – nur hier ist das Gebäude etwas abseits der Strasse weder angeschrieben noch sonst wie bezeichnet. Lediglich eine Fahne flattert im Wind, so wie bei so manchem anderen Gebäude auch.
Pässe stempeln – schon sind wir wieder auf der schlechten Piste. Das Carnet wird problemlos und zügig ausgefüllt und gestempelt und somit sind wir wieder aus Gabun ausgereist! Die Einreise in die Republik Kongo wird ebenso zügig und routiniert erledigt ? und um 18:00 Uhr sind wir in diesem berüchtigten Land! Einer der schnellsten und unkompliziertesten Grenzen bisher! Und das mitten im Nirgendwo! Was werden wir hier wohl erleben und wie werden wir durchkommen? Werden wir die kursierenden Gerüchte über die angeblich schlimme Korruption und die weit verbreitete Schikaniererei von Touristen bestätigen können? Sind die Pisten und Strassen wirklich so schlecht? Wir sind ja mal gespannt … denn bis jetzt haben wir Vieles ganz anders erlebt, wie es Reisende vor uns beschrieben haben.
Der Carnet stempelnde Beamten gefragt, ob wir den jungen Schweizer kennen, der vor wenigen Tagen mit dem Motorrad hier vorbeigekommen ist … Schneider sein Name! Sicher kennen wir den, es handelt sich auch hier um Matthias. Muss wohl bei den Beamten einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen haben ? …
Angesichts der fortgeschrittenen Zeit dürfen wir die Nacht gleich an der Grenze, direkt neben dem Polizeiposten verbringen. Und zum ersten Mal seit langem beginnt es zu regnen – die Regenzeit schickt seine Vorboten – so hoffen wir auf jeden Fall, denn die Pisten in den beiden Kongos sollen auch in der Trockenzeit eine Herausforderung sein …
In den letzten drei Wochen sind wir unzählige Male von der Polizei, dem Militär, der Gendarmerie oder von Beamten der Strassensicherheit angehalten worden und mussten die immer selben Fragen nach dem Woher, Wohin und unserer Mission in Afrika beantworten. Oft sind unsere Pässe, der Fahrausweis und die Fahrzeugpapiere kontrolliert worden, wobei der Fahrzeugausweis meistens etwas irritiert in den Händen gedreht wurde … Meistens sind wir schnell wieder unterwegs, wenn wir erklären, dass wir lediglich Touristen sind. Manchmal haben wir nur abgebremst und, wenn kein Nagelbrett oder eine Schranke die Weiterfahrt verhindert hat, die Beamten seelenruhig im Schatten sitzen geblieben sind, jeweils freundlich gewinkt und sind einfach durchgefahren. Und manchmal haben wir das wütende Pfeifkonzert eines eifrigen Beamten geflissentlich überhört – denn jeder dieser «Wegelagerer» hat eine Trillerpfeife im Mund und wer weiss schon sicher, wer damit gemeint ist ??
Was in diesen Ländern ebenfalls ein echtes Verkehrshindernis ist, sind die Massen an Taxis und Kleinbussen, welche die Strassen der Städte verstopfen. Da sie auf der Suche nach potentiellen Fahrgästen langsam fahren oder am rechten Strassenrand, meistens ohne Blinker, einfach anhalten, sind sie überall im Weg und verursachen ein unglaublicher Chaos. Gefühlt ist jedes zweite Auto in einer Stadt ein Taxi … Auch die wenigen Polizisten, welche in einem der vielen Kreisverkehren versuchen, einen steten Verkehrsfluss hinzubringen, erreichen immer nur das Gegenteil …
Von der angeblichen Korruption und den Schikanen gegenüber Touristen, besonders gegenüber Overlandern, haben wir weder in Nigeria noch in Kamerun etwas bemerkt – wir wurden (fast) immer höflich und zuvorkommend, also absolut korrekt behandelt und uns wurde nie eine absurde Busse für ein angebliches Vergehen angedroht … somit können wir die oft gehörten und erzählten Geschichten, welche in dieser Hinsicht kursieren, in keiner Art und Weis bestätigen …
Dann noch ein Wort zum tropischen, feucht-heissen Klima: in den Hotels mit Klimaanlage ist es meistens gar sehr kühl und die Pusterei in der Nacht ist uns, wie schon beschrieben, nicht eben gut bekommen. Die Nächte im MANni sind uns da doch noch lieber, trotzdem es dann heiss und feucht ist. (Die Klimaanlage lassen wir als elenden Stromfresser lieber nicht die ganze Nacht laufen. Manchmal stellen wir sie noch während der Fahrt an, um den Koffer etwas abzukühlen – bringt aber leider nicht den erwünschten Effekt … somit lassen wir auch das sein.) Das hat zur Folge, dass die Matratze und die Kissen nie ganz trocken werden und wir sozusagen in unserem eigenen Schweiss liegen. Nur wenn ein wenig Wind aufkommt, wird es ein wenig angenehmer. Dass wir so natürlich oft nicht allzu gut schlafen können, kann man sich vorstellen. Und zu diesen und anderen physischen Auswirkungen des unangenehmen Klimas kommen noch die psychischen: schlechter Schlaf und dauerndes Schwitzen hat an manchen Tagen auch eine negative Wirkung auf unsere Laune und die Kommunikation ? …
Goodby, rafiki yetu! Kwaheri kwa sasa …
Liebe Penny, lieber Armin,
Ich habe per Zufall heute eure Webseite entdeckt. Herzlichen Dank für euren super spannenden und wunderbar geschriebenen Bericht über eure Reise von Ghana nach Kongo. Schade dass es euch nicht möglich war Kamerun besser kennen zu lernen. Es ist ein wunderschönes Land. Ich bin als Schweizerin im hohen Norden Kameruns 1965-1975 aufgewachsen und auch als Ärztin wieder für ein Paar Jahre dort 1994-1997 zurückgekehrt und bin bis jetzt in der IZA (internationalen Zusammenarbeit) tätig. Ich wünsche euch ganz viele weitere tolle Reisen :-)!
Herzlich, Carmen Meyer
Liebe Carmen
es freut uns immer wieder, wenn jemand unsere Homepage per Zufall entdeckt und uns so auf unseren Reisen begleitet :-).
Es war wirklich schade, dass wir Kamerun und auch Gabun nicht ausführlich bereisen konnten. Einerseits haben uns die politischen und/oder “kriegerischen” Umstände nicht umherreisen lassen, aber auch die Regenzeit in den Kongos hat uns zu mehr Eile als gewollt angetrieben …
Nun geniessen wir einfacheres Terrain.
Liebe Grüsse aus Botswana