22.01. – 26.02.2019
Zum Glück hören wir in dieser Nacht an der Grenze zum Kongo überwiegend weit entferntes Donnergrollen und weniger das Prasseln von Regen auf unserem Dach. Somit brechen wir am frühen Morgen mit der Hoffnung auf, dass sich der Schlamm auf dem langen Pistenweg nach Dolosie in engen Grenzen hält und uns steckengebliebene LKWs und/oder Autos nicht zu sehr behindern werden.
Die oft nur einspurig verlaufende oder befahrbare, meistens rote Erdpiste ist eine der Hauptverkehrsverbindungen in der Republik Kongo. Hier quälen sich das ganze Jahr über unzählige Autos, Motorräder, LKWs und Sattelschlepper durch die Wälder und über die Berge und je nach Zustand und Nässe der Piste geht das gut oder eben nicht. So auch hier: vor einer Woche ist ein LKW in einem Wasserloch mitten auf der Piste steckengeblieben und zwei weitere gesellen sich noch dazu. Da der Verkehr ja weiterhin rollen muss, wird kurzerhand eine Umfahrung durch den Sumpf und um die Büsche geschlagen, damit die armen Fahrer in Ruhe daran arbeiten können, ihre «U-Boote» wieder flottzukriegen. Von unserem jungen Schweizer «Reiseadoptivsohn» haben wir von diesem Malheur gewusst, er war sich aber nicht sicher, ob auch MANni diese Engstelle schaffen würde … Und in der Tat ist die Spur nur so breit wie ein PKW – da uns aber keine andere Wahl bleibt, heisst es wieder einmal Ohren zu und durch ?. Schon bald stehen wir ein paar hundert Meter weiter auf der festen Piste und können unsere Fahrt ins Ungewisse fortführen …
Die Strecke schlängelt sich über Berg und ins Tal, durch Wälder und Dörfer. Uns fällt auf, dass viele Kinder und auch Frauen uns nicht nur freundlich lachend zuwinken, sondern auch gleich die hohle Hand machen oder Daumen und Zeigefinger aneinander reiben. Uns wird schnell klar, woher dies kommt: wer nicht am frühen Morgen die Grenze passiert und so die Möglichkeit hat, noch vor Dunkelheit die Teerstrasse zu erreichen, ist gezwungen, irgendwo in einem Dorf zu nächtigen. Und natürlich wird auch hier gerne etwas dafür entgegengenommen.
Ganze zehn (!) Stunden lang manövriert Armin MANni sicher und souverän über festen Grund, durch tiefe Schlammlöcher, auf rutschigen Passagen und an steckengebliebenen Fahrzeugen vorbei, bis wir die 234 km bis zu unserem heutigen Ziel Dolosie hinter uns gebracht haben! Fast hätten wir die Stadt nicht vor Dunkelheit erreicht – kurz nachdem der Teerbelag beginnt, werden wir von der Polizei angehalten und es wird eine Strassenbenutzungsgebühr von uns verlangt. Kommt mir irgendwie suspekt vor – seit wann treibt die Polizei Strassengebühren ein und überhaupt: niemand hat je so etwas erwähnt. Als ich eine Quittung resp. eine «facture» verlange, bricht der Beamte in Lachen aus – wir schliessen uns diesem Heiterkeitsausbruch an und fahren davon …
In Kamerun haben wir den elektronischen Antrag für unser Angola-Visum an das zuständige Amt übermittelt – und bis heute noch kein Mail mit dem o.k. für das Visum erhalten. Auf dem Konsulat in Dolosie wollen wir mal nachfragen, was da los ist und wie es mit dem Visum aussieht. Leider kann der Konsul uns nicht helfen und verweist uns an das Generalkonsulat in Pointe-Noire an der Küste. Die Fahrt dorthin auf der neuen, gut ausgebauten Strasse führt uns durch eine schöne, hügelige Landschaft. Sind die Hänge im Landesinnern noch mit dichtem Urwald bewachsen, weicht dieser immer mehr abgeholzten Flächen und Monoplantagen prägen das Bild auf diesen künstlichen Lichtungen. Schon bald meinen wir, eine Fata Morgana zu sehen: eine topmoderne Zahlstelle schwingt sich über die Strasse – also doch Strassengebühren bezahlen? Ganz haben wir das Schema nicht durchschaut, aber anstatt angehalten zu werden und bezahlen zu müssen wie die Einheimischen, werden wir jedes Mal freundlich durchgewunken … ?.
In Pointe-Noire angekommen quälen wir uns über die sehr löchrige und von Wasserpfützen durchzogene Einfallstrasse zum Generalkonsulat von Angola. Auf unsere Frage, was es nun mit den beantragten E-Visa auf sich hat, wird gar nicht eingegangen. Stattdessen wird uns erläutert, welche Unterlagen wir für das Visum brauchen und werden angewiesen, für die Bearbeitung unseres Antrags je 2000 CFA bei der Bank auf das Konto des Konsulats einzuzahlen und den Zahlungsbeleg den Unterlagen beizulegen. Alles zusammen können wir dann am nächsten Morgen hier abgeben, heute geht das nicht mehr – aber es ist doch erst 14:00 Uhr! Wie wir später herausfinden, macht das Konsulat um 15:00 Uhr dicht …
Am Donnerstagmorgen geben wir die gewünschten Unterlagen ab. Nun fehlt nur noch das geheuchelte Bittschreiben an den Konsul, für welches wir nochmals je 2000 CFA abdrücken und das vom Wachmann innerhalb kurzer Zeit beschafft wird. Am nächsten Mittag sollten wir die Visa abholen … unwissend, wie dieses Konsulat arbeitet, frohlocken wir schon, auch dieses Visum einfach und innerhalb eines Tages zu bekommen ? … weit gefehlt! Erst nach einer Woche (!), welche wir mehrheitlich auf dem Parkplatz der «Brasserie de la mer» gemütlich lesend, schreibend und Daumen drehend verbracht haben und nach weiteren Besuchen auf dem Konsulat, wo es immer wieder heisst, der Konsul ist unterwegs in Brazzaville, in Kinshasa, in Cabinda, auf dem Weg hierhin oder weiss der Teufel wo … und nach einem «Fehlalarm», dass das Visum fertig ist (der Kleber ist im Pass, aber leider, leider ist der Konsul immer noch nicht da und ohne seine Unterschrift … aber das Visum ist ja im Pass, also fertig …), nach einem weiteren Ganz zur Bank um die Visagebühren einzuzahlen (Beleg nicht vergessen!) können wir am Donnerstag endlich unsere Pässe mit dem letzten zu beschaffenden Visum abholen, hurra!
Nach dieser Odyssee sind wir froh, dass wir dank Florence in Douala nicht nur das Transit-Visum für die Republik Kongo erhalten haben, sondern ganze 30 Tage …
Nun da wir die begehrten Visa endlich im Pass haben, ist es zwar schon Nachmittag, aber immer noch früh genug, um es nach Cabinda (Enklave von Angola zwischen den beiden Kongos) zu schaffen. Da in Angola das Carnet nicht akzeptiert wird, müssen wir hier an der Grenze ein sogenanntes TIP kaufen, eine vorübergehende Einfuhrbewilligung für das Fahrzeug. Das und auch die sonstigen Formularitäten auf Angola-Seite ziehen sich dahin und die beiden mühsamen und zeitraubenden Polizeikontrollen auf dem Weg in die Stadt Cabinda lassen uns erst nach Einbruch der Dunkelheit dort ankommen. Problemlos dürfen wir uns dann im Hof der Katholischen Mission hinstellen und relaxen erst einmal nach diesem langen und anstrengenden Tag.
Da der Wetterbericht für den Freitag Regen angesagt hat und uns in der DR Kongo wieder viele Kilometer der berüchtigten roten Pisten erwarten, beschliessen wir, hier zu bleiben und den in Pointe-Noire geschriebenen Blogbeitrag fertig zu machen und hochzuladen. Uns reicht es völlig, bei Trockenheit durch den Schlamm zu fahren … das ultimative Erlebnis, das bei Regen zu machen, überlassen wir gerne anderen ?.
Angola hat einen für uns günstigen Vorteil: der Diesel kostet momentan nur knapp 50 Rappen ?! Somit ist klar, wohin uns der Weg am nächsten Morgen als erstes führt – an die Tanksäule. Und da wir das mit dem Preis natürlich gewusst haben, hat es auch dementsprechend viel Platz in den Dieseltanks – na ja, auch MANni hat Durst ?!
Wie man hört und liest, zählen die Grenzen von und nach Angola eher zu den mühsamen – wir erleben es an der Grenze Angola (Cabinda) – DR Kongo nur bedingt so. Zwar ist das Computersystem auf der Angola-Seite um 8:00 Uhr früh, wenn die Grenze jeweils öffnet, noch nicht hochgefahren und für den dazu benötigten Strom muss erst noch der Generator angeworfen werden (es ist aber auch lästig, dass diese Ausländer schon so früh am Morgen über die Grenze wollen ?) … aber danach geht es übersichtlich und erstaunlich zügig voran. Auf der Seite der DRC dauert es dann etwas länger … der zuständige Beamte ist (noch) nicht vor Ort, die Dame, welche den Computer bedient, wird offensichtlich gerade angelernt und beherrscht nur das «Adlersystem», der Impfausweis muss auch noch kontrolliert werden … wir sind gaaaanz (un-)geduldig und warten … denn wir haben heute ja nur einen weiteren langen Fahrtag vor uns, dieses Mal jedoch lediglich ca. 110 km auf schlammigen Pisten ? … nach zweieinhalb Stunden ist es dann endlich geschafft und wir sind in die DRC eingereist!
Schon nach wenigen Kilometern erwartet uns eine Strassensperre – hier wird jedem Fahrzeugführer der Strassenzoll abgeknüpft. Für uns mit unserem Dickschiff heisst das, dass wir 200’000 Kongo-Francs abdrücken müssen, umgerechnet rund 122 CHF! Leider, leider haben wir an der Grenze nicht genügend Bargeld gewechselt ? … diese Ausrede wird nicht akzeptiert und nach längerer Diskussion bezahlen wir eben den «fehlenden» Betrag in US Dollar, nicht eben zur Freude des einen Beamten. Zum Glück haben wir das so gemacht, denn in diesem Land, auf unserer Strecke, sind Banken oder gar Geldautomaten ein rares Gut.
Die kommenden gut 100 km haben es in sich! Da es hier in den letzten Tagen immer wieder mal geregnet hat, ist die Piste auch dem entsprechend schlammig und rutschig. So manches Auto und mancher LKW kommt ins Rutschen, stellt sich quer, kippt fast oder ganz um, andere bleiben stecken oder wühlen sich mit letzter Kraft und durchdrehenden Rädern durch den roten Schlick – tiefer und tiefer werden die Gräben und immer mehr Wasser kann sich dort ansammeln … auch MANni will einmal ausbrechen und neben die Piste rutschen – zum Glück reagiert Armin genau richtig und wir bleiben, wo wir bleiben sollen ? … ein anderes Mal müssen wir uns an einem LKW vorbeibugsieren, welcher vor unseren Augen ins Kippen geraten ist und gerade noch eben nicht auf der Seite im Schlamm liegt … es ist eine lange und anstrengende Fahrerei und erst 11 Stunden, nachdem wir in Cabinda abgefahren sind, erreichen wir Boma und somit auch wieder die Teerstrasse, uff! Dort stellen wir uns bei einem Hotel nahe des Kongo-Flusses hin … und nach einem überbezahlten Nachtessen unter tropischem Nachthimmel heisst es verdientermassen – gute Nacht!
Wir schreiben unterdessen den 2. Februar 2019 – einige werden denken, dass wir um einiges schneller unterwegs sind, als wir vor der Abfahrt im September 2018 geplant haben. Das ist richtig und hat auch seine Gründe. Erstens machen uns die hinteren Federpakete und die nicht fachgerecht eingepressten Silentblöcke nach wie vor etwas Sorgen. Das alles müssen wir dann in Südafrika richten resp. in einer MAN-Werkstatt machen lassen. Als zweites hatten wir überhaupt keine Lust, mitten in der Regenzeit die beiden Kongos auf ihren schlammigen und tiefgründigen Pisten zu durchfahren. Auf neueren Fotos des jungen Griechischen Motorradfahrers, den wir in Ghana und dann wieder in Togo getroffen haben, sieht man, dass die Pisten in den letzten Wochen nicht besser geworden sind … Und als drittes war es uns in einigen Ländern wegen der politischen Situation nicht möglich, als Touristen länger als nötig dort zu bleiben. Wir sind froh (und auch ein wenig stolz), dass wir ohne nennenswerte Probleme bis hierhin gekommen und gesund sind, alle Visa erhalten haben und überall dort reingelassen wurden, wo wir wollten … ?.
Schon am nächsten Tag geht es weiter, unserem Etappenziel Namibia entgegen. Auf guter Strasse geht es flott durch die Demokratische Republik Kongo hindurch. Die bewaldeten Hügel werden immer kahler, die Urwaldriesen wurden abgeholzt und hinterlassen ein trostloses Bild. Bei Matadi überqueren wir den Kongofluss auf der neuen, kostenpflichtigen Brücke und schlängeln uns auf den von Menschen, Fahrzeugen und Markständen verstopften Strassen, über Berg und Tal durch die erstaunlich grosse Stadt.
Bis zur Abzweigung zur Grenze nach Angola rollen wir auf der von den Chinesen gebauten, neuen Strasse ruhig dahin. Hier müssen wir wiederum Geld für Strassenzoll abliefern, dieses Mal geht es an die Erbauer aus dem Osten. Alles in allem bezahlen wir für unsere Transitstrecke durch die DRC umgerechnet fast 190 CHF Strassengebühr ☹!
In den beiden Kongos ist uns besonders aufgefallen, dass immer wieder abgebrochene Äste auf der Fahrbahn liegen, viel häufiger als in allen anderen Afrikanischen Ländern, die wir durchquert haben. Wer schon einmal in Afrika unterwegs war, weiss, was dies zu bedeuten hat: es ist der Ersatz für ein Pannendreieck und heisst, dass nach wenigen Metern mit einem liegengebliebenen Fahrzeug zu rechnen ist. Je frischer die Äste, desto eher wird dies der Fall sein … oft handelt es sich um kleinere Pannen, welche schnell vor Ort behoben werden können. Manchmal sind aber auch gröbere Reparaturen nötig und es kommt immer wieder vor, dass ein ausgebautes Getriebe oder eine defekte Achse neben oder unter dem Fahrzeug liegen und auf das benötigte Ersatzteil warten. Wir sind uns nicht sicher, ob in diesen Ländern eine Mechanikerausbildung zur Fahrprüfung gehört ?…
Das letzte Stück bis zur Grenze nach Angola ist eine holprige, schlechte Piste. Da hier eine neue Grenzstation gebaut wird und es nicht ganz ersichtlich ist, wo man nun genau durchfahren muss und wo nun die verschiedenen benötigten Beamten mit dem Stempel zu finden sind, läuft das ganze Prozedere der Ausreise aus der DRC etwas chaotisch ab. Aber wir schaffen es dann doch noch und rollen den Hügel hinauf zum Grenzposten von Angola. Hier läuft alles recht zügig und schon bald sind wir auf guter bis miserabler Strasse im letzten Land vor unserem Etappenziel unterwegs ?.
Seit unserer ersten Nacht in der Elfenbeinküste, also seit Ende November 2018, haben wir nicht mehr wild campiert. Nun ist es endlich wieder soweit – wir stellen uns weit ab der Hauptstrasse in eine alte Kiesgrube und geniessen die Stille und die Natur um uns herum. Wobei – sehr lange bleibt es nicht ruhig. Schon bald beginnt es in der Ferne zu blitzen und Donnergrollen ertönt in der Ferne. Zuerst ziehen die Gewitter an unserem Standort vorbei, doch während der Nacht kommen sie immer näher und irgendwann sind auch wir mittendrin … das Geräusch vom prasselnden Regen auf dem Dach von MANni hält das Sandmännchen noch lange von der Arbeit ab …
Auch am nächsten Tag ist es trüb und es regnet. Erst als wir in die Nähe der Küste kommen, wird es freundlicher, aber auch wieder deutlich wärmer und wärmer …
Unterwegs, speziell nach Kurven, entdecken wir immer wieder Auto-, Lastwagen- oder auch Containerwracks neben der Strasse liegen. Noch nie seit wir unterwegs sind, haben wir so viele verunfallte und liegengelassene Fahrzeuge gesehen!
Nachdem wir nun längere Zeit im feuchtheissen Tropengürtel unterwegs waren, wird es hier in Angola endlich zunehmend trockener. Schon bald sehen wir die ersten Säulenkakteen und auch der typisch Afrikanische Baum, der Baobab oder Affenbrotbaum, streckt häufig seine an Wurzeln erinnernde Äste in den aufklarenden Himmel.
Unser heutiges Ziel ist die Praia Santiago nördlich von Luanda, scherzhaft auch Shipwreck Beach genannt. Seinen Übernahmen hat dieser Strand dem Umstand zu verdanken, dass auf und vor ihm eine grosse Anzahl von Schiffswracks vor sich hin rosten. Vermutlich sind dies nicht im Sturm oder Nebel gekenterte Tanker und Fischtrawler, sondern ausgemusterte Schiffe, welche von den umliegenden Häfen, vorwiegend aus Luanda, hier hingeschleppt worden sind und nun die Landschaft und die Umwelt verschandeln. Ein sowohl faszinierender wie auch verstörender und nachdenklich machender Anblick … Wir stellen uns oben auf die Steilküste und können so den gesamten «Friedhof» im weichen Licht des Sonnenuntergangs vom Balkon aus überblicken ?…
Eigentlich wollten wir ein bis zwei Tage in Luanda, einer der teuersten Städte der Welt, verbringen – als ich jedoch lese, dass hier ein absolutes Verkehrschaos herrschen soll, verzichten wir darauf … was zur Folge hat, dass wir in den Ausserbezirken keinen Bankautomaten finden, welcher auch ausländische Karten akzeptiert und somit in akute Bargeldnot geraten … und in Angola ist es fast unmöglich, bargeldlos zu bezahlen. Unsere Hoffnung ist, dass wir im angepeilten Resort an der Küste US Dollar oder Euro wechseln können.
Auf dem Weg dorthin machen wir beim Miraduro de Lua einen Halt. Hier hat die Erosion eine wunderschöne, unwirklich erscheinende und farbige Steilküste hinterlassen, wo die verschiedenen Erdschichten und Gesteinsarten deutlich zu unterscheiden sind.
Das von einem Portugiesen geleitete Carpe Diem Tropical Resort ist wunderschön an einem kilometerlangen Strand gelegen und wir dürfen uns kostenlos auf dem Parkplatz installieren. Hier geniessen wir drei ruhige Tage und können endlich wieder einmal im Meer schwimmen gehen, da die Bucht vor der gefährlichen Strömung geschützt ist. Wir essen hier ausgezeichnet und können auch Geld wechseln – nun sind wir wieder zahlungsfähig ?.
Daniel, der Manager des Carpe Diem, nimmt uns am Freitag noch mit zum fast fertiggestellten Resort in der südlich gelegenen Bucht. Hier entstehen hoch über dem Meer am Hang gelegene Bungalows, alles aus Recyclingmaterial gebaut. Ausserdem wird es schon bald am Strand einen Stellplatz für Overlander und Camper geben sowie eine gemütliche Strandbar. Die Wellen sind gut zum Surfen geeignet, baden wird schon schwieriger. Und obwohl die Steilküste geradezu zum Soaren einlädt, machen die wechselnden Winde diesem luftigen Vergnügen einen Strich durch die Rechnung – schade, zu gerne hätten wir hier wieder einmal den Boden unter den Füssen verloren ? …
Wasserfälle gibt es viele in Angola – wir sehen uns einen dieser an, den Cachoeira-Wasserfall. Dort können wir auch gleich auf dem Parkplatz stehen bleiben und verbringen eine ruhige und angenehm kühle Nacht.
Die Landschaft an der Küste nach Lobito, einer grösseren Hafenstadt, führt uns weiterhin durch hügelige Landschaften. Zeitweise ist das Szenario eher langweilig, dann nimmt die Vegetation wieder zu und wir fahren durch Buschland. Kurz vor der Stadt sehe ich etwas, was mich echt schockiert: auf der rieseigen, qualmenden Müllhalde stehen Hütten und ich sehe Kinder und Erwachsene in den rauchenden Haufen nach Verwertbarem wühlen!
Der Parkplatz der von uns angepeilten Strandbar, wo man anscheinend gut stehen kann, ist nicht mehr und so fahren wir zur Zulu Bar, welche dem selben Besitzer gehört. Dort gönnen wir uns auf der Strandterrasse eine gute Pizza. Als wir das nette Lokal verlassen möchten, ist jedoch meine Bauchtasche, welche ich unvorsichtigerweise an die Stuhllehne gehängt habe, nicht mehr da … das kann doch nicht wahr sein! Niemand hat etwas gesehen, niemand hat etwas gemerkt – und ich muss jetzt bis zu unserer Rückkehr in die Schweiz ohne Bankkarten (welche noch am selben Abend gesperrt werden) und ohne Natel auskommen – um ehrlich zu sein, ist der Vorfall wohl mehr als ärgerlich und ich muss mich selber an der Nase nehmen, aber ein absolutes Fiasko ist es auch nicht … … am Meisten ärgern mich die gesamten Autoschlüssel, welche weg sind. Nach erfolgloser Suche in der näheren Umgebung fahren wir zur örtlichen Polizei und melden den Diebstahl – leider kann dort niemand Englisch oder Französisch, wir kein Portugiesisch – erst eine herbeigerufene Frau kann gut Englisch sprechen und so gebe ich alles an, was ich in der Bauchtasche mit mir herumgeschleppt habe. Da es Samstag ist, müssen wir bis am Montag auf den Polizeibericht warten, welcher sich dann als vorgedruckter, unvollständig ausgefüllter, aber abgestempelter und kostenpflichtiger «Wisch» entpuppt und somit absolut unnütz ist! Das Wochenende dürfen wir auf dem hauseigenen Strand der Zulu Bar stehen bleiben und da der Vorfall dem Besitzer überhaupt nicht recht ist, müssen wir nicht einmal dafür bezahlen – vielen Dank dafür!
Nach diesem unerfreulichen Zwischenfall ziehen wir am Montag weiter entlang der Küste nach Süden. Heute erfahren wir, dass die Angolanische Polizei absolut modern ausgerüstet ist und über Radarpistolen verfügt – auch wir werden kurz danach an den rechten Strassenrand gewunken und werden darüber belehrt, dass wir in der 40er Zine 55 km/h gefahren sind … aber anstatt uns eine Busse bezahlen zu lassen, ermahnt uns der Beamte lediglich, es langsamer und vorsichtig angehen zu lassen ?! Glück gehabt.
Die sehr gute, von den Chinesen gebaute Küstenstrasse geht kurz nach Dombe Grande abrupt zu Ende und wir holpern langsam über die alte, steinige Piste weiter. Lustigerweise stehen auf der gesamten Strecke bis nach Lucira, ca. 150 km, viele Brücken in der Landschaft herum, diese wurden jedoch nicht fertig gebaut und eine Rampe, welche hinaufführt, fehlt auch noch … die darauf zuführende Piste macht kurz davor einen Schwenker und führt darum herum. Wir kommen aber so in den Genuss, den Brückenbau in allen Stadien studieren zu können ? … Später ist dann auch das neue Strassentrassee aufgeschüttet und trotz der Erdhügel und Steine, welche den Zugang versperren (sollten), fährt fast jeder materialschonend dort und nicht auf der alten Holperpiste – so natürlich auch wir ?.
Unterdessen sind wir in trockneren Gefilden angekommen und wir fahren durch die Halbwüste. Eine steinige, schmale Piste bringt uns von der Hauptpiste an die einige Kilometer entfernte Küste, wo wir auf der Klippe oberhalb eines Fischerdorfs einen schönen, ruhigen und windigen Platz für die Nacht finden.
MANni leidet an einem dieser Tage seit lange wieder einmal an starkem Schluckauf – so massiv waren die Leistungsaussetzer seit Slowenien im letzten Jahr nicht mehr! Armin vermutet einen Zusammenhang mit der Einspritzpumpe, welche durch den schlechten Diesel verklebt sein könnte und mischt beim nächsten Tanken Motorenöl bei – bis jetzt ist alles wieder normal ?.
Die beiden nächsten Tage geht es weiter entlang der Atlantikküste bis hinunter in die Angolanische Namibwüste. Dort machen wir einen kurzen Abstecher zum Arco, einem aus dem weichen Sandgestein erodierten Doppelsteinbogen, welcher mitten in der Wüste malerisch zwischen zwei Seen liegt. Auf dem Weg dorthin sehen wir die in der Namibwüste endemische Welwitschia, eine der angeblich ältesten und urtümlichsten Pflanzen, welche mit ihren langen Pfeilwurzeln tief in den Boden dringt und so auch lange Trockenperioden unbeschadet überstehen kann. Bekannt ist das Vorkommen der Pflanze in Namibia, hier gibt es jedoch auch einige schöne Exemplare.
Leider können wir wegen der recht hohen Wellen und der starken Strömung des Benguelastroms hier nicht schwimmen gehen und so geniessen wir den Sundowner und die auf dem Lagerfeuer zubereitete Grillwurst so staubig und verschwitzt, wie wir eben sind ? …
Wir biegen wieder ins Landesinnere ab und fahren von der Wüste über die Steppe in die bewaldeten Berge des Angolanischen Hochlandes. Spektakulär klebt die Strasse zum Pass Serra da Leba am steilen Abbruch, welcher sich 1000 Meter aus der Ebene erhebt. Oben angekommen fahren wir den kurzen Abstecher zum Aussichtspunkt und stellen uns mit bester Aussicht auf die Serpentinen in die erste (und einzige) Reihe, wo wir bei einem wunderschönen Sonnenuntergang gemütlich unser Abendessen geniessen ?.
Dieser Abend bleibt nicht das einzige Highlight, das wir in Angola erleben – unser nächste Stellplatz für zwei Nächte ist wiederum an einer Abbruchkante mit grandiosem Blick in die Ebene, dieses Mal bei Tundavala in der Nähe von Lubango. Da wir uns hier auf ca. 2200 M.ü.M. befinden, wird es in der Nacht seit langem wieder einmal empfindlich kalt und unsere leichte Decke vermag uns nicht mehr genügend warm zu halten – zum Glück ist noch eine zweite im Schrank und so schlummern wir schon bald wieder mollig zugedeckt weiter ? … Ach ja, auf dem Weg nach Tundavala fällt uns schon ein Schild an der Strasse auf, welches zum Restaurant «Le Chalet» weist – tönt sehr heimisch, der Name. Auf dem App i-overlander finden wir den Hinweis, dass dort richtiger Käse und Joghurt verkauft wird und der Besitzer Schweizer ist! Somit ist für uns klar, dort machen wir einen Einkaufshalt. Leider sind nur die Angestellten da, Käse und frischen Joghurt kaufen wir natürlich trotzdem ein ?.
Nun sind wir schon weit im Süden von Angola und Namibia ist nicht mehr weit … seit wir die Küste verlassen haben, sehen wir immer wieder Esel- oder Ochsenkarren, etwas, was wir in ganz Westafrika vermisst haben und uns deshalb nun speziell auffällt. Auch sonst erinnert uns die Landschaft immer wieder an Marokko … Unsere letzte Nacht in Angola verbringen wir unter einem riesigen Baobab, umringt von weidenden Kühen und lästigen Fliegen …
Namibia – ein Land, von welchen alle, die wir kennen und die das Land schon besucht haben, schwärmen … wir sind dann mal gespannt! Zügig wird der Grenzübertritt abgewickelt und schon befinde ich mich als Beifahrerin mitten auf der Strasse – im südlichen Afrika ist linksfahren angesagt! Wir möchten für einige Tage im Norden bleiben und dem Kunene River, dem Grenzfluss zu Angola, in Richtung Westen folgen. An diesem ersten Tag in diesem Land der Superlative sind wir eher enttäuscht – die Landschaft ist flach, uninteressant und langweilig. Viele Rindviecher, Ziegen und vor allem Esel tummeln sich neben und auf der Strasse. Nur der riesige Baobab, unter dem wir auf einem gemütlichen, ummauerten Campsite stehen, vermag uns am Abend etwas zu versöhnen ?. Erst am nächsten Tag berginnen wir zu erahnen, was für Naturschönheiten dieses Land zu bieten hat …
Wir quartieren uns in der Kunene River Lodge ein, welches neben Bungalows auch Campingplätze direkt am Fluss anbietet – nicht eben billig, aber sehr schön. Wir stellen uns auf einen der wenigen Sites hin, welcher gross genug für unseren Pistenhüpfer ist. Es hätte näher bei der Terrasse noch einen weiteren geeigneten Platz gegeben, aber auf dem Nachbarplatz hier steht schon ein MAN mit Redbull-Aufschrift … so lernen wir Chris und Detlef aus Deutschland mit ihrer jungen Hündin Kira kennen. Sie reisen schon seit etlichen Jahren durch Namibia und die angrenzenden Länder und mit ihnen werden wir nun für einige Tage unterwegs sein.
Nach zwei heissen Tagen, die wir abwechselnd mit «uns über das sehr langsame Internet ärgern» und «es gemütlich sein lassen» verbringen, geht es weiter entlang des Kunene. Die gute Piste schlängelt sich über Hügel, Täler und um Kurven dem Fluss entlang – streckenweise ist es fast wie auf einer 8erbahn … Schon bald sind wir in einem verlassenen Camp direkt am Fluss, wo es uns so gut gefällt, dass wir gleich für den Rest des Tages und die Nacht bleiben … und schon bald Besuch von Himbas erhalten, ein nomadisches Hirtenvolk, welches hier im Nordwesten von Namibia lebt. Wir sind erstaunt, werden wir nicht wirklich oder mehr belästigt, nur wenige Frauen und Männer machen uns ihre Aufwartung ?.
Bis in die frühen Morgenstunden sitzen wir gemütlich und weinselig plaudernd mit Chris und Detlef am Lagerfeuer …
Von den Ruacana Falls sind wir arg enttäuscht, da wegen der Staumauer in Angola kein Wasser mehr über die Felsen rinnt – ganz anders die Epupa Falls, hier donnert recht viel Wasser die enge Felsspalte hinunter – schön.
Und weiter geht es durch eine schöne und abwechslungsreiche Landschaft nach Opuwo, mitten im Kaokoveld, wie die Gegend hier im Nordwesten heisst. Hier ist es ganz normal, dass Himbafrauen barbusig, nur mit einem Lederschurz sowie Eisen- und Kupferschmuck bekleidet, die Haut mit rotbrauner Erdpaste eingerieben und den mit Lehm «verputzten» Frisuren neben traditionell gekleideten Hererofrauen in ihren Viktorianisch anmutenden, wallenden Kleider mit der typischen dreieckigen Kopfbedeckung, sowie westlich gekleideten Schwarze und Weisse auf den Strassen und in den Geschäften unterwegs sind. Ein buntes, für uns sehr ungewohntes, aber schönes Bild.
Auf dem Campsite der Lodge auf dem Hügel oberhalb von Opuwo machen wir es uns gemütlich, planschen im Pool, trinken aus grossen Kübeln Rock Shandy (ein Mischgetränk aus Tonic, Limonade, je nach Geschmack mehr oder weniger Angostura und viiiiiel Eis, sehr erfrischend ?), erledigen (endlich) wieder einmal die Bankangelegenheiten und können auch den dringend nach einer Entleerung lechzende Wäschekorb erleichtern …
Das nächste Camp, berechtigterweise «Camp Aussicht» genannt, erreichen wir schon zu Mittag über eine enge, abenteuerliche Piste, welche sich durch Akazienbüsche und sonstiges Gestrüpp den Berg hinaufwindet. Die an die Bäume gehängten Schilder machen neugierig darauf, den Erzeuger eben dieser kennen zu lernen … Marius entpuppt sich dann auch als sympathischer, interessanter und spezieller Typ, ein weisser Namibier, der vor Jahren hier den mineralreichen Grund und Boden gekauft hat und neben dem Campsite auch eine Mine betreibt … ach so, darum sind uns unterwegs hier hoch so viele schöne, grüne Steine aufgefallen, die überall herumliegen. Wie wir später von Marius erfahren, handelt es sich beim türkisfarbenen Mineral um Grünspan (Kupfer), bei den grasgrünen Kristallen um Dioptase, welches nur hier in Namibia und in Südafrika an einigen wenigen Orten gefunden wird.
Detlef und Chris erwarten die Ankunft ihres Freundes Frank mit seiner Freundin Angela und seinem 6×6 CAT. Treffpunkt ist der Oppi-Koppi Camp in Kamanjab und somit ist das heutige Ziel definiert. Unterwegs machen wir noch eine gemütliche Mittagsrast in der luxuriösen Palmwag Lodge. Hier in der Gegend leben die seltenen Wüstenelefanten – leider sind diese gerade wo anders unterwegs und so sehen wir am Rand der Piste nur noch ihre Hinterlassenschaften. Allgemein sehen wir nur wenige Tiere. Ausser ein paar Springböcke und Paviane scheint sich alles verirrt zu haben …
Schon seit längerem haben wir uns entschieden, nach ein paar Wochen in Namibia einen break zu machen und in die Schweiz zu fliegen. Nun sind die Flüge für den 5. April gebucht und in den nächsten Tagen werden wir entscheiden, wo MANni die wohlverdiente Pause verbringen wird, bis wir nach ca. zwei Monaten wieder zu ihm zurückkehren ? …
Goodby, rafiki yetu! Kwaheri kwa sasa …