Weltreise

Facettenreiches Südafrika

13.09. – 08.10.2019

Auch am Freitag ist das Wetter kalt, zumindest regnet es aber nicht mehr. Heute verbringen wir den grössten Teil des Tages im MANni – der Blogbeitrag muss noch korrigiert, die Fotos eingefügt und beschriftet sowie das Ganze inklusive Newsletter ins Netzt gestellt werden …

Hardy hat für uns eine der Weintouren mit einem Kleinbus gebucht. So kommt es, dass wir am Samstagmorgen fast vor unserer Haustür abgeholt werden – das ist Service ?! Auch die weiteren Gäste dieser Tour werden bei ihren Unterkünften aufgelesen und schon bald sind alle Sitze belegt. Auf diesen sogenannten «hop on – hop off – Touren» werden fahrplanmässig fünf bis sechs Weingüter angefahren. Wird bei einem Gut Halt gemacht und man hat Lust, deren Wein zu degustieren oder in einem der Restaurants Boden für den Rest des Tages zu legen, steigt man aus und hat ca. eine Stunde Zeit, bis der Bus wieder vorbeikommt. Einsteigen, zum nächsten Gut, entweder aussteigen oder sitzenbleiben und erst beim nächsten Weingut aussteigen … auf diese Weise ist es an einem Tag möglich, bis zu fünf Weingüter zu besuchen, ohne sich Gedanken über eine drohende Busse machen zu müssen – und viele Informationen über die Gegend gibt es vom Chauffeur gratis dazu ?! Auf unserer Strecke ist auch eine Brandy Destillerie, welche wir natürlich nicht auslassen. Und die Degustation verschiedener Brandys zusammen mit verschiedener Schokolade macht das Erlebnis noch interessanter.  Zufrieden, jedoch etwas übersättigt von den vielen verschiedenen Geschmacksrichtungen (und vielleicht auch ganz, ganz wenig angesäuselt ?…) lassen wir uns als Letzte wieder zum Guesthouse und zum MANni zurückfahren.

Stellenbosch ist eine hübsche Ortschaft, welche wir noch kurz vor der Weiterfahrt besuchen möchten. Und nachdem wir etwas durch die malerischen Gassen geschlendert sind und uns den Magen am sehr guten Buffet des Kitchen’s Restaurant vollgeschlagen haben, verabschieden wir uns von dieser Weinhochburg. Es gibt noch weitere zu entdecken … zum Beispiel Franschhoek, im nächsten Tal gelegen. Ist Stellenbosch eher englisch geprägt, hier ist das Französische allgegenwärtig – Lanquedoc, Paradiese, Petit Provence, Grand Provence, Maison Bleu … die ganze Ortschaft hat definitiv einen Französischen Touch.

Das von uns angepeilte Weingut liegt etwas ausserhalb der Ortschaft und leider werden hier nur an bestimmten Tagen Degustationen und nur bei Voranmeldung angeboten … heute ist keiner dieser Tage und da wir in Stellenbosch genügend verschiedene Weine probiert haben und mit all den in der Nase und im Abgang sich kaum bemerkbaren Unterschieden etwas überfordert sind ?, verzichten wir momentan darauf, weitere Weingüter zu besuchen – das können wir immer noch nachholen, falls wir nochmals in die Gegend kommen … ausserdem gibt es in Südafrika noch weitere Weinanbaugebiete und wer weiss …

Schon seit einiger Zeit sind wir im Mailkontakt mit Karin und Oliver, welche mit ihrem Shujaa, einem grossen MAN 3-Achser, durchs südliche Afrika reisen. Da wir in entgegengesetzter Richtung unterwegs sind ist schon seit längerem klar, dass wir uns irgendwo treffen werden … am Dienstag oder Mittwoch soll es in Hermanus so weit sein. Somit ist die momentane Reiserichtung klar definiert – es geht wieder ans Meer. Dort soll es auch weniger windig und wärmer sein – hier in den Bergen ist es immer noch eher ungemütlich.

Auf unserer Strecke an den Atlantik ändert sich die Landschaft immer wieder – die Berge sind weniger hoch, weniger steinig und werden, je näher wir der Küste kommen, von sanft geschwungenen, grünen Hügeln abgelöst. Es ist auch eine wasserreiche und fruchtbare Gegend, die Flüsse führen Wasser und die Stauseen sind recht gut gefüllt. Und der Frühling macht sich überall bemerkbar – die Reben beginnen die ersten zarten Blätter auszutreiben, die blühenden Obstbäume und die Blumen leuchten um die Wette, die Rapsfelder erstrahlen in ihrem typischen gelb …

Wir haben Zeit, bis wir in Hermanus sein müssen, und so stellen wir uns in einer kleineren Ortschaft auf einen Parkplatz in einer Wohngegend, direkt an der felsigen Küste. Und hier erleben wir wieder einmal die Offenheit und Freundlichkeit der weissen Südafrikaner (was nicht heisst, dass die schwarzen Südafrikaner weniger freundlich sind, wir werden jedoch eher von Weissen angesprochen). Von dem Paar in unserem Alter, welches sich in ihrem Auto einen Becher Wein gönnt, werden wir spontan eingeladen, seinen Onkel in Agulhas doch zu besuchen, er gebe ihm noch Bescheid … kurz darauf werden wir von einem Deutschen angesprochen, welcher hier in Südafrika lebt und uns warnt, dass Südafrika kein sicheres Land ist und wir sehr vorsichtig sein müssen, wo wir uns hinstellen, ob wir zu unserem Schutz eine Waffe dabei haben (wieder einmal, wie schon des Öftern, kommt bei uns der Gedanke auf, dass die Weissen hier ein wenig paranoid sein könnten) und wir uns, wenn es Probleme geben sollte, beim nebenan wohnenden Pfarrer melden sollen … er ist es dann auch, welcher am nächsten Morgen nochmals vorbei kommt und uns je einen Pappbecher Kaffee vom Fast Food um die Ecke bringt ?.

Am Abend sind etwa zehn Leute aufgetaucht, welche mit Taschen- und Stirnlampen die Büsche entlang des Klippenwegs absuchen … am Morgen löst sich das Rätsel. Der «Boss» der Aktion erklärt uns, dass die Büsche alle paar Jahre abgebrannt werden, damit sich der Boden regenerieren kann und Nährstoffe erhält und sie jeweils in der Nacht davor die Chamäleone einsammeln und sie an einem anderen Ort wieder aussetzen ?.

Karin und Oliver sind einen Tag früher dran als geplant. Und so treffen wir uns schon am Dienstagnachmittag auf einem ruhigen Strandparkplatz in einem Villenviertel von Hermanus. Der Abend in Shujaa ist gemütlich und es ist späte Nacht, als wir alle ein wenig weinselig in die Federn sinken ? …

Hermanus ist einer der besten Orte an der Südafrikanischen Küste, um die Südlichen Glattwale zu beobachten, welche zwischen August und Dezember aus der Antarktis hierhin kommen, um in den wärmeren Gewässern ihre Kälber zu gebären und auf die weite Reise zurück nach Süden vorzubereiten. Dementsprechend viele Anbieter für Whale watching buhlen um die vielen Touristen, welche sich die grossen Meeressäuger und ihren Nachwuchs von Nahem anschauen möchten. Wir haben zwar schon am Dienstag mit dem Feldstecher vom Ufer aus Wale beobachten können, möchten es uns aber nicht entgehen lasse, diese von einem Boot aus anzuschauen … wir haben Glück, es sind einige Wale in der grossen Bucht und wir können von ganz nah zuschauen, wie sie sich im Wasser drehen, sich hochschnellen, mit der Flosse winken, elegant abtauchen oder beim Atmen das Wasser in die Luft pusten … Glücklich und zufrieden bummeln wir nach diesem Erlebnis durch den Ort, essen in einem der vielen Restaurants etwas zu Mittag, bevor wir mit unseren beiden Grossen die schmale Strasse den Berg hinter Hermanus hinauffahren – Armin und ich haben dort gestern einige Gleitschirme gesehen und meistens hat es bei einem Startplatz auch einen Parkplatz und eine schöne Aussicht …

Nach einer windigen und deshalb nicht sehr geruhsamen Nacht verabschieden wir uns von Karin und Oliver. Ihre nächsten Ziele heissen Franschhoek, Stellenbosch und Kapstadt, unseres Cape L’Agulhas … es war nett, euch endlich persönlich zu treffen und wir haben die Stunden mit euch genossen. Weiterhin schöne und unfallfreie Fahrt und da man sich (fast) immer mindestens zweimal trifft, bis dann …

Mein Wäschekorb ist wieder einmal so voll, dass ich keine grosse Lust habe, alles von Hand zu waschen. Ausserdem ist die Bettwäsche auch fällig … auf i-overlander werden wir fündig, ein Campingplatz auf unserer Route, welche über Waschmaschine und Trockner verfügen soll. So ist es dann auch und somit bin ich dieses Mal schnell und einfach mit der Grosswäsche fertig ?.

Cape L’Agulhas, der südlichste Punkt Afrikas – es ist an diesem Tag jedoch gar nicht afrikanisch hier, Wind, Nieselregen und entsprechend niedrige Temperaturen empfangen uns. Aber was soll’s, wir haben es mit MANni geschafft und stellen uns stolz für ein Foto an die grosse, liegende Skulptur des Afrikanischen Kontinents und neben die Tafel, welche bezeugt, dass wir hier sind ?. Leider ohne MANni, ihn müssen wir auf dem nahen Parkplatz stehen lassen … ☹

Die nächsten Tage sind wir weiter entlang der Küste unterwegs. Das Wetter hat sich gebessert, wir geniessen die Sonne und die wärmeren Temperaturen, gehen am einen oder anderen Strand spazieren – und immer wieder testen wir die Wassertemperatur … immerhin sind wir hier am Indischen Ozean und dieser Küstenabschnitt heisst Sunshine Coast, das ist doch schon fast ein Versprechen ?! Aber entweder sind wir verweichlicht oder wir erwarten zu viel … uns ist es (noch) zu kalt zum Baden …

Unterdessen sind wir in der Provinz Eastern Cape unterwegs und uns fallen einige Unterschiede zu den Provinzen Northern und Western Cape auf. War es bis hierhin sehr Europäisch, wird es hier ein ganz wenig mehr Afrikanisch – weniger weisse und mehr schwarze Gesichter sind zu sehen, hie und da verkaufen Frauen ihre Produkte direkt am Strassenrand oder auf dem kleinen Dorfmarkt. Auch die Ortschaften ändern ihr Bild. In allen Teilen Südafrikas, die wir bis jetzt besucht haben, sind die Siedlungen der Reichen und der Armen klar voneinander getrennt. Früher den Weissen vorbehalten, heute auch von der schwarzen Mittel- und Oberschicht bewohnt, stehen deren Häuser inmitten eines grosszügigen, gepflegten Grundstücks, alle von einer Mauer umgeben und bilden so den Kern der Ortschaft. Ausserhalb, klar abgetrennt und oft als Gesamtes von einer Mauer umgeben, befinden sich die Behausungen der armen Bevölkerung. Sind es im Norden und Westen mehr Holz- oder Wellblechhütten, die als Unterkunft dienen, sind es hier im Eastern Cape von der Regierung zu dutzenden erstellte kleine Fertighäuser, eines am anderen, jedes genau gleich und in Reihen nebeneinander. Einzig der farbige Anstrich bringt eine persönliche Note hinein … Was wir weniger sehen, sind die riesigen Townships der Zuwanderer am Rand der Grossstädte, welche sich dort ein besseres Leben erhoffen und im Chaos und Dreck auf engstem Raum und in Hütten, welche man oft kaum als solche bezeichnen kann, dahinvegetieren – denn es gilt auch hier: ohne Ausbildung keine Arbeit ☹ und die Arbeitslosigkeit ist sehr hoch.

Ebenso sind viele Spuren der Apartheid noch allgegenwärtig, auch in der Stellung des Weissen als gebildeter «Herr» und des Schwarzen als ungebildete «Arbeiter» … nicht überall, aber doch an vielen Orten. Dieser Unterschied in der sozialen Stellung hat vielleicht jedoch auch noch einen anderen Grund: wie wir von vielen hören, es manchmal auch selber beobachten können, haben die Schwarzen eine ganz andere Denkweise, sind anders sozialisiert wie die Weissen. Da das Land sehr fruchtbar und genügend Wild zum Jagen vorhanden war, mussten Generationen von Afrikanern nie vorausplanen oder sich Gedanken um genügend zum Essen machen. Das hat sich seit der Kolonialzeit und den vermehrten Dürreperioden der letzten Jahrzehnte stark verändert, ist jedoch noch nicht in den schwarzen Köpfen angekommen … und wer das nun als rassistisch empfindet, soll sich einmal für längere Zeit in Schwarzafrika aufhalten …

In diesen Tagen stehen wir trotzdem wieder vermehrt auf Plätzen, welche nicht auf den praktischen Apps vermerkt sind, denn wir fühlen uns wohl in der Gegend. Sicher sind wir manchmal froh um die Einträge, für uns haben diese Tools jedoch auch eine Kehrseite. Denn wenn ein geeigneter und schöner Platz zu oft benutzt wird, die eigentlich selbstverständlichen Regeln nicht eingehalten werden oder der Platz (noch mehr) vermüllt hinterlassen wird, kann es sein, dass irgendwann ein Tor die Zufahrt versperrt …

Wo wir auch stehen, wir werden immer wieder angesprochen, nach der Reise gefragt, woher und wohin – und kriegen auch immer wieder gute Tipps. Ein solcher Tipp ist Enrico’s Restaurant in der Plattenberg Bay, wo wir am Mittag die beste Pizza in ganz Afrika essen ?! Und da es so gut war, sind wir am Abend auch dort zu finden, dieses Mal mit köstlichem Fisch auf dem Teller … und der Italienische Besitzer und Namensgeber dieses wunderbaren Ortes lässt uns hinter dem Restaurant auf dem Parkplatz übernachten – somit können wir uns das eine oder andere Glas des vorzüglichen Weins und zum Abschluss einen Grappa gönnen …

Der bei MAN in Kapstadt gewechselte Keilriemen macht lautstark auf sich aufmerksam und so führt uns der Weg am nächsten Morgen nach Port Elisabeth. Obwohl die Werkstatt voll ausgelastet ist nimmt sich einer der Mechaniker die Zeit und schaut sich das Ganze an. Zum Glück ist der Riemen nur zu locker und ist schnell wieder gespannt – ein unkomplizierter, freundlicher und erst noch kostenloser Service ?.

Ein weiterer Tipp, den wir unterwegs erhalten haben, ist der Mountain Zebra National Park. Dort soll man auch solche Tiere sehen, welche es im berühmten Kruger National Park nicht gibt und vor allem sollen hier Geparde, Löwen, Wildhunde und braune Hyänen zu Hause sein.

Auf dem Weg dorthin kommen wir durch zwei grössere Ortschaften, Cookhouse und Cradock, und hier sind wir richtig geschockt ob des vielen Mülls, welcher bei den Siedlungen der Schwarzen herumliegt und -fliegt ☹, fast noch schlimmer als in Westafrika!

Eigentlich würden wir gerne für eine Nacht auf dem Camping im Park bleiben, dieser ist jedoch ausgebucht. Und so ziehen wir nach einem Tag Pirschfahrt durch die schöne Bergwelt, aber mit weniger Tiersichtungen als anhand der Schwärmerei erwartet, etwas enttäuscht weiter …

Diese Gegend im Eastern Cape ist von Landwirtschaft und Viehhaltung geprägt. Neben Mais wird Getreide, Gemüse und Obst angebaut, auf den rieseigen Weiden grasen Kühe, Ziegen, Pferde und Schafe. Und somit ist das gesamte Land neben den Strassen und Pisten eingezäunt und die Tore sind meist abgeschlossen – nicht eben ideale Voraussetzungen, um einen Stellplatz zu finden! Es ist schon spät an diesem Donnerstag, als wir von der Hauptstrasse abbiegen, das Stopschild beim Viehrost übersehen und ein paar Kilometer weiter auf einen schmalen Feldweg einbiegen … Nicht lang und der Farmer kommt uns «besuchen». Unsere Frage, ob wir für die Nacht hier parkieren dürfen, wird zum Glück bejaht … und es geht wieder nicht lange, der Sohn kommt mit dem Quad gefahren. Er ist von seiner Mutter geschickt worden und packt aus dem an der Lenkstange befestigten Korb zwei Queen Ananas (das sind die kleinen, süssen), zwei Avocados, ein Glas eingemachter Feigen und eine Pie (eine Art gedeckter Kuchen, jedoch ohne Teigboden) aus ?! Das nenn ich mal Gastfreundschaft! Natürlich statten wir der Familie am nächsten Morgen einen kleinen Dankesbesuch ab.

Und wieder ruft das grosse Wasser – uns gefallen die langen, weissen oder goldfarbenen, feinsandigen, oft auch mit Dünen durchzogenen Strände, wo wir lange Spaziergänge unternehmen, die Felsen, welche bei Ebbe bis weit hinaus aus der Brandung ragen und über die wir klettern können. Dieser Küstenabschnitt, die Sunshine Coast, hat ihren eigenen Charme. Und so stehen wir einmal am Gleitschirmstartplatz bei der «Map of Africa», dann hoch über dem Meer bei einem Leuchtturm, immer mal wieder auf einem Strandparkplatz bei einer Feriensiedlung oder manchmal auch auf einem Campingplatz … so werden wir an einem Tag spontan von Glenda und George zum Nachtessen eingeladen, welche hier wohnen und mit ihrem Hund am Strand spazieren gehen ? …

East London ist für uns, so wie die meisten Städte, eine Durchgangsdestination, höchstens als Einkauf- und Tankgelegenheit genutzt. So auch hier – ausserdem lassen wir den kleineren Steinschlag in der Frontscheibe kleben – nicht in einer Werkstatt, sondern bei einem «fliegenden» Spezialisten, welcher seinen Kleinbus neben der Strasse unter einem Baum parkiert hat und diesen Dienst anbietet. Schnell, relativ günstig und mit Garantie auf die Reparatur ?! Hoffen wir, dass es bis auf Weiteres hält …

Hier merken wir auch wieder einmal, dass der weisse Südafrikaner zwar (meistens) von Europäern abstammt, aber doch eine total andere Sicht der Dinge hat als diese. So werden wir wieder einmal auf MANni und unsere Reise angesprochen. Eine der Fragen geht um unsere Sicherheit, respektive, ob wir zu unserer Sicherheit eine Waffe dabei haben? Er gehe nie ohne Waffe fort und finde uns sehr mutig … Was mich jedoch noch mehr in Erstaunen versetzt ist, dass der Farmer 1000 km gefahren ist, um zwei Kühe abzuholen, welche er hier gekauft hat! Alles in allem 2000 km – das müssen aber sensationelle Kühe sein ?!

Genug Meer … das Inland und die Berge rufen, genauer die ehemalige Transkei und die Südlichen Drakensberge. Knapp 2000 Höhenmeter legen wir an diesem Tag zurück, zuerst durch eine grüne, hügelige Landschaft, dann über eine Hochebene, wo uns die tafelbergartigen Berge mit ihren erodierten Abbrüchen schon von Weitem grüssen …

Kaum verlassen wir die N2, die Schnellstrasse, welche von West nach Ost (oder umgekehrt? ?) verläuft, wir in die ehemalige Transkei eintauchen (ein Gebiet entlang der Wildcoast, das während der Apartheid den schwarzen Südafrikanern vom Volk der Xhosa vorbehalten war), ändert sich das Bild schlagartig – es wird noch Afrikanischer! Die Strassen müssen ab sofort mit Tieren, Fussgängern und unzähligen, unberechenbaren Kleinbussen geteilt werden, die meisten Autos haben ihre Glanzzeit schon lange hinter sich gelassen, wir sehen wieder Schulkinder zu Fuss unterwegs, Frauen, welche die Wäsche im wenigen Wasser des nahen Flusses waschen, die Familien teilen sich nicht eine einzelnes Haus, sondern kleine Ansammlungen von Häusern und Rundhütten (alles ordentlich in derselben Farbe gestrichen, so weiss man sofort, was zusammengehört) mit einem aus dornenbewehrten Ästen gebauten Viehkraal mittendrin, der Müll wirbelt durch die Luft und setzt bunte Tupfen in die Büsche und Zäune, Tier- und Autokadaver liegen neben der Strasse, an jeder Kreuzung Strassenmärkte und Chaos … einzig die auch hier omnipräsenten Stacheldrahtzäune stören …

Eigentlich hatten wir gehofft, hier in dieser eher einsamen Gegend leichter einen schönen, wilden Stellplatz zu finden … stattdessen stehen wir am Abend, nach vergeblicher Suche, auf der Campsite einer kleinen Lodge am Fuss der Berge … wir beginnen, diese doofen Zäune und nervigen, verschlossenen Tore zu verfluchen …

Hier in den Drakensbergen sind die höchsten befahrbaren Pässe in Südafrika. Natürlich sind das nicht asphaltierte, breite Passstrassen wie in Europa, sondern mehr oder weniger breite, mehr oder weniger steinige, mehr oder weniger holprige Schotterpisten, welche sich mehr oder weniger steil und abenteuerlich den Hang hinauf winden … wir haben uns als erstes den Naude’s Neck Pass ausgesucht, mit angeblichen 2592 m einer der höchsten öffentlich befahrbaren unbefestigten Passstrassen in Südafrika (einige Quellen sagen, es ist der zweithöchste, andere wiederum sagen, der vierthöchste …) – auf jeden Fall ist es ein sehr beeindruckender Pass, speziell wenn er von West nach Ost befahren wird. Nachdem die angenehm breite, zum Teil holprige und steinige Piste langsam an Höhe gewonnen, die Passhöhe erreicht hat, verschwindet sie plötzlich über eine Felskante, um nach einigen scharfen, am Hang klebenden Haarnadelkurven spektakulär der steilen Bergflanke in die Tiefe zu folgen. Die Aussicht in die unendliche Weite der Bergwelt ist sensationell, wir können uns kaum sattsehen. Und hier oben, nur wenige zehn Meter vom Abgrund entfernt, stellen wir MANni mit dem Heck in den Wind und lassen uns sanft in den Schlaf wiegen … lange wiegt es nicht, der Wind nimmt während der Nacht heftig zu, die Geräuschkulisse ebenfalls … MANni beginnt unangenehm hin und her zu schwanken und ich sehe uns in meinen von der Schlaflosigkeit und meiner Phantasie angetriebenen Gedanken schon über die Felskante verschwinden. Auch die am Abend als unbedenklich eingestufte Piste nach unten nimmt in meinem Hirn analog der Windstärke bedrohliche Formen an und ich bin froh, als es gegen Morgen ruhiger wird, ich nochmals schlafen kann und sich das Ganze im hellen Licht als Hirngespinst entpuppt … ?.

Obwohl der Wind am morgen früh nur schwach ist, nimmt er schnell und kontinuierlich wieder an Stärke zu und wir sind froh, über die Kante in den Windschatten zu tauchen. Die Piste entlang dem Steilhang ist breiter und besser, respektiv neu ausgebaut, als gedacht und wir geniessen die schöne Aussicht während wir gemütlich in die Tiefe fahren. Weiter über Hügel und durch Täler, immer in Begleitung der obligatorischen Drahtzäune, geht es durch die weite Landschaft, welche immer mehr Pinienplantagen, richtig grosse Wälder, aufweist. Nur wenige, weit verstreute, oft verlassen wirkende Farmhäuser gibt es in der Gegend und nachdem uns gestern nur zwei Schafherden mit ihren Hirten entgegengekommen sind, sind es heute ganze drei Autos …

Über Elands Height und Maclear geht es zurück nach Elliot, von wo aus wir über Barkley East nach Lady Grey fahren, wo wir auf einem kleinen, begrasten Vorsprung über der Ortschaft stehen und ich im wieder ruhig stehenden MANni und von Ziegengemeckere begleitet diesen Text schreibe …

In den letzten Wochen sind wir durch Landschaften gefahren, welche sehr unterschiedlich sind. Über sanfte, grüne Hügel, durch braune, wüstenartige Gegenden, entlang Küsten mit herrlichen Sandstränden oder mit felsigen Klippen, sind in verschiedenste Berglandschaften eingetaucht … wir wähnen uns mal in Irland, in Spanien, in England, in Frankreich, in Marokko, im Jura oder im Schwarzwald. So unterschiedlich das Land, so unterschiedlich auch das Wetter. Ausser Gewittersturm, Schnee, Eis und Hagel ist alles dabei gewesen … für uns ist klar: es gibt nicht EIN Südafrika, es gibt viele Südafrikas und jedes davon hat seinen Reiz und birgt Überraschungen …

Nachdem wir nun den als gefährlich eingestuften Naude’s Neck Pass (so wird es in vielen der Berichte, welche im Internet kursieren, geschrieben) gemeistert haben, sind wir bereit, den höchsten Pass in Südafrika unter die Räder zu nehmen – den berühmt-berüchtigten Sani Pass, welchen wir in der Richtung vom kleinen, in der Bergwelt gelegenen Königreich Lesotho nach Südafrika zurück befahren möchten.

An dieser Stelle noch ein Korrigendum zum letzten Bericht: so wie ich den Zöllner verstanden habe, verliert unsere Aufenthaltsgenehmigung von 90 Tagen ihre Gültigkeit, sobald wir Südafrika verlassen und wir kriegen bei der Wiedereinreise nur noch 7 Tage Transitpermit. Das stimmt offensichtlich so nicht. Wenn wir während den 90 Tagen, in unserem Fall also vor dem 15. November 2019, z.B. nach Lesotho einreisen und nach wenigen Tagen wieder nach Südafrika weiterziehen, läuft das Permit einfach weiter bis zum bei der ersten Einreise eingetragenen Datum.

Somit heisst es nun also – Lesotho und Sani Pass, wir kommen …

Goodby, rafiki yetu! Kwaheri kwa sasa …

 

Gesamtstrecke: 2763.42 km

 

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2 Kommentare

  1. Gerhard Rangger Gerhard Rangger
    15. Oktober 2019    

    hallo ihr zwei, danke für die schöne abendbeschäftigung euren blog zu lesen und das bereiste land mit euren augen (bilder) sehen zu können.
    freuen uns schon auf einen livebericht irgendwann bei einem guten glas wein
    weiterhin gute reise
    marina & gerhard

    • Penny & Armin Penny & Armin
      21. Oktober 2019    

      Hallo ihr beiden,
      schön, wenn wir dir, Gerhard, hoffentlich kurzweilige Abendlektüre liefern können ?.
      Gerne berichten wir natürlich auch live und das Glas Wein dazu tönt super ? …
      Liebe Grüsse aus Durban

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