Weltreise

NaturWunderLand und … die Welt steht Kopf

02.03. – 30.03.2020

Unsere Situation Anfangs März 2020

Auch wir verfolgen seit Dezember 2019 über die digitalen Medien die weltweiten Entwicklungen rund um das Coronavirus. Bis jetzt war das alles sehr, sehr weit weg von uns und irgendwie irreal. Aber natürlich lässt uns das Geschehen nicht kalt. Seit die Horrormeldungen aus Italien, Spanien, Deutschland, Österreich und vor Allem aus der Schweiz immer dramatischere Ausmasse annehmen, machen wir uns mehr und mehr Sorgen um Familie und Freunde. Ebenso machen wir uns ernsthaft Gedanken darüber, ob wir trotz unserem in der Osterwoche gebuchten Flugs und trotz unserer Familie in der Schweiz nicht besser hier in südlichen Afrika, namentlich in Namibia, bleiben sollen. Hier könnten wir uns in die Wüste zurückziehen, wo wir nur zum sporadischen Einkaufen unter Leute gehen müssten. Andererseits ist das natürlich auch in der Schweiz möglich und dort wären wir näher bei unseren Lieben, aber das Klima hier in Namibia ist definitiv angenehmer .

Und wie sieht es mit einer möglichen Quarantäne aus? Dürfen wir unsere Familie sehen und in die Arme schliessen, Freunde treffen, im Restaurant essen gehen usw.? Oder kommt schon bald die Ausgangssperre? Wir können uns hier momentan so gar nicht vorstellen, wie es ist und was es bedeutet, mit den von den Behörden verordneten Massnahmen leben zu müssen.

Wir sind uns bewusst, dass das Virus früher oder später auch Afrika erreichen wird. Was dann hier abgeht, möchten wir uns lieber nicht vorstellen. Ob überhaupt und wie gut die Lebensmittelversorgung hier in einer solchen Krisensituation klappen soll, wissen wir nicht. Aber wie gross das allgemeine Chaos werden wird, können wir uns hingegen gut vorstellen. Somit vielleicht doch besser zurück in die Schweiz? Wie sollen wir uns entscheiden?

 

Am Abend des 2. März erhalten wir in unserer kleinen Bucht gegenüber von Lüderitz Besuch – drei junge deutsche Männer, im Mietauto unterwegs, stellen sich ein paar zehn Meter neben uns hin. Am nächsten Morgen stehen sie mit WC-Papier (nein, wir bunkern nicht ) und angebrochenen Lebensmittelpackungen vor unserer Haustüre. Ihre Reise ist bald zu Ende und sie schenken uns das noch Brauchbare – vielen Dank !

In der Bucht von Lüderitz werden Austern gezüchtet, welche besonders schmackhaft sein sollen. Das müssen wir natürlich nachprüfen und fahren am Dienstagmorgen in das alte Kolonialstädtchen. In den erstaunlich breiten Strassen, welche sich den Hügel hinab erstrecken, fühlen wir uns tatsächlich in die Kolonialzeit zurückversetzt, viel mehr als in Swakopmund. Am Hafenbecken setzen wir uns auf die Terrasse eines Restaurants und geniessen als Entrée – frische Austern. Ich muss zugeben, sie sind sehr gut und ausserdem wirklich gross. Dieser kulinarische Leckerbissen hat uns so gut geschmeckt, dass wir nach dem Einkaufen von Lebensmitteln sowie einem kleinen Geschenk für unsere beiden Enkel, dem Besuch des Agate Strandes, wo man Achate finden kann (wenn man denn weiss, wie ein roher Achat von den normalen Strandkieseln unterschieden werden kann ) und einem weiteren Bummel durch das letzte Jahrhundert in einer kleinen, uns empfohlenen Bar, der «Oyster and Wine Bar», nochmals je 10 der Meerestiere in unseren Bauch verschwinden lassen – mmmmmhhhhhhh ! Und ein gutes Glas Wein (nomen est omen) darf natürlich auch nicht fehlen – satt und äusserst zufrieden nehmen wir später die wenigen Kilometer zu «unserer» Bucht unter die Räder, wo wir dann schon bald ins Traumland abdriften …

Heute ist unser Treffen mit Vreni und Louis in Klein-Aus Vista abgemacht. Wir haben die beiden im Frühjahr 2018 in Albanien getroffen und seitdem lockeren Kontakt. Auf dem Weg dorthin holen wir den verschobenen Besuch in der Geisterstadt Kolmanskop nach.

1908 wurden in der Gegend erste Diamanten entdeckt und was zuerst nur als Arbeitercamp gedacht war, entwickelte sich schnell zur grösseren Diamantenstadt. In seinen Glanzzeiten lebten hier bis zu 400 Menschen in erstaunlich luxuriösen Verhältnissen – Männer, Frauen und Kinder. Wohnhäuser, eine Schule, ein Krankenhaus, ein Kasino, wo die weissen Einwanderer regelmässig verschiedenen Zeitvertreiben wie Lotto spielen, Theater- oder Musikdarbietungen nachgehen konnten, gar eine Ladenstrasse, wo frau alles Nötige (und sicher auch Unnötige) einkaufen konnte, wurden gebaut. Die Ladenstrasse war mit einer kleinen Bahn erschlossen, welche an den Wohnhäusern vorbeiführte. Somit konnten die einkaufswilligen Damen direkt vor der Haustüre einsteigen und wurden auch wieder, inklusive der getätigten Einkäufe, dorthin zurückgefahren. Dekadent, oder? Bedenkt man jedoch, dass Kolmanskop mitten im Sand gebaut wurde und somit das Laufen sehr anstrengend und mühsam war (und immer noch ist), vielleicht doch ganz sinnvoll? Weiter gab es einen Turnverein, eine Eisfabrik, einen Bäcker und eine Metzgerei.

All diese angenehmen Einrichtungen waren natürlich den weissen Einwohnern, welche die Verwaltung und Organisation des Diamantenabbaus sowie die Vermarktung des Rohmaterials innehatten, vorbehalten – die schwarzen Arbeiter, welche die mühsamen und anstrengenden Arbeiten erledigten, hausten wahrscheinlich in kleinen, primitiven Bretter- oder Wellblechbuden, dem Wind und dem Sand schutzlos ausgesetzt, weitab ihrer Familien. Die soliden Gebäude, von Fachkräften aus Deutschland und zum Teil auch aus von Deutschland importiertem Material gebaut, stehen grösstenteils noch, wenn auch immer mehr im Sand untergehend – die Hütten der Arbeiter sind verschwunden.

Nach der sehr interessanten Führung erkunden wir noch auf eigene Faust einige der sich am Zerfallen befindlichen Häuser und können uns gut vorstellen, wie elegant und gut ausgestattet diese gewesen sein müssen.

Noch eine kleine Anmerkung: Kolmanskop ist nicht die einzige Diamanten-Geisterstadt in der Gegend. Im Sperrgebiet, welches sich von der südlichen Grenze des Namib-Naukluft Parks bis zum Oranje, dem Grenzfluss zwischen Namibia und Südafrika erstreckt, befinden sich noch die Städte Pamona, Elisabeth Bay sowie Grillenthal. Das gesamte Sperrgebiet erstreckt sich über eine Fläche von 26’000 km2 und kann nur mit einem Permit besucht werden.

Nach diesem eindrücklichen Abstecher in die Vergangenheit, welche heute mit dem Nebel einen wirklich geisterhaften Eindruck hinterlässt, geht es wieder zurück nach Klein-Aus und somit auch wieder auf 1400 M.ü.M. Unterwegs biegen wir zum künstlichen Wasserloch, welches für die Wildpferde gebaut wurde, von der Strasse ab und zählen 22 Pferde, welche sich hier an dem lebenswichtigen Nass und dem bereitgestellten Futter erfreuen. Und so wie ich es sehe, ist die kleine Herde, welche wir schon vor einigen Tagen gesehen haben, auch dabei – die mit den beiden Fohlen .

Der Abend mit Vreni und Louis ist gemütlich und Mitternacht ist schon länger vorbei, als wir müde, etwas vom Wind zerzaust und ein wenig ausgekühlt ins warme Bett schlüpfen – gute Nacht.

Schon am nächsten Morgen heisst es wieder Abschied nehmen – wir haben Louis mit unserer Austernschwärmerei den Mund wässrig gemacht und er möchte, entgegen ihrer ursprünglichen Planung, doch noch die 120 Kilometer nach Lüderitz unter die Räder nehmen. Danach werden sie sich in Richtung Johannesburg auf den Weg machen, von wo aus sie nach Hause fliegen werden. Geniesst auch eine der Leckerei für uns und weiterhin gute Fahrt und eine gute Heimreise.

Unser Weg führt uns nach Südosten – der zweitgrösste Canyon der Welt, der Fish River Canyon, erwartet uns . Unterwegs entdecken wir immer wieder Wasserpfützen, ein für uns ungewohntes Bild in diesem extrem trockenen Land. Ausserdem überzieht ein Hauch von Grün die Ebenen und Berge – auch das ganz ungewohnt. Wir geniessen die Fahrt durch diese zauberhafte Landschaft und freuen uns mit den Namibianern über das so lange ersehnte und vorläufige Ende der jahrelangen Dürre.

Auch wenn es überall zögerlich grünt und blüht sind wir doch erstaunt, plötzlich in eine sattgrüne Oase mit Dattelpalmen, Reben und Obstbäumen einzutauchen. Hier, in der Nähe des Naute Dams, werden die angebauten Früchte zu feinsten Destillaten verarbeitet. Der mit einer Silbermedaille ausgezeichnete NamGin, ein Gin mit Teufelskralle, ist davon das bekannteste Produkt. Aber auch der Dattel-Brandy, der rosafarbene Gin-Liqueur oder der Rum können sich schmecken lassen ! Und nach Kaffee und Kuchen liegt eine kleine Degustation wohl drin, oder? Wir können nicht widerstehen und einige der ausgezeichneten Tropfen ziehen in unser Haus auf Rädern ein.

Schon bald stehen wir an diesem schönen und heissen Nachmittag am Ufer des Naute Dams und geniessen die vielfältige Vogelwelt – mit vielen Rosa Pelikanen als Highlight. Was wir nicht so sehr geniessen ist die Tatsache, dass unser gebuchte Nachtflug von Windhoek nach Frankfurt vom 7. April auf den Tagflug um 08:00 Uhr vorverschoben wurde (angeblich wegen Wartungsarbeiten an den Maschinen und nicht wegen der drohenden Virusverseuchung) und somit haben wir eine ganze Nacht, die wir uns am Frankfurter Flughafen um die Ohren schlagen müssen – allgemein nicht eben erfreulich, in der momentanen Situation jedoch noch unangenehmer. Wir versuchen, das Buchungsportal telefonisch zu erreichen, damit wir den Anschlussflug auf den Abend umbuchen können – erfolglos . Auch am nächsten Morgen ist der Erfolg mässig – die ausführenden Airlines erreichen wir erstaunlicherweise, diese sind jedoch nicht zuständig und erklären uns lediglich, dass wir uns ans Buchungsportal oder Reisebüro wenden müssen – GRRRR. Was wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen – in wenigen Tagen wird das Weltgefüge und somit auch der gesamte Flugverkehr durcheinandergewirbelt sein – somit hätten wir uns diesen nervigen Umbuchungsversuch ersparen können!

Die Fahrt am Mittag zum Fish River Canyon ist nicht sehr weit. Trotz der in uns brodelnden Wut versuchen wir, uns am hier gebotene Naturwunder zu erfreuen – nicht eben einfach, wenn mann und frau sich nerven und sich über den anderen und die gesamte Welt aufregen … Am Abend kommt es dann sogar zu einem Streit und wir beide können uns danach nur schwer beruhigen und finden lange keinen Schlaf …

Zum Glück sieht die Welt am Morgen wieder besser aus und wir können die Fahrt durch die schöne, weite, hügelig bis bergige und abwechslungsreiche, mehr oder weniger grüne Landschaft doch noch geniessen. Es ist erstaunlich, wie schnell die Vegetation nach einer langen Dürreperiode nahezu explodiert – überall, wo ein Tropfen Regen gefallen ist, spriesst das Gras, die Bäume treiben neue Blätter aus, die Büsche überziehen sich mit Blüten und an vielen Orten wächst ein gelber Blumenteppich ! Wir können uns an diesem schönen Bild fast nicht sattsehen. Ausserdem geniessen wir das Gefühl einer Achterbahnfahrt, welches bei der flotten Fahrt auf den guten Pisten aufkommt – mal geht es hinauf, dann über eine spitze Kuppe steil hinunter, durch ein Flussbett und wieder hinauf, dann eine Kurve nach links, die nächste nach rechts, oft als «Steilwandkurve» angelegt, so dass ein Gefühl von Schräglage aufkommt … das gibt es nur in Namibia ! Unsere Laune bessert sich zunehmend.

An diesem Abend stehen wir nach einigen Tagen auf Wildcamps wieder einmal auf einem rustikalen Camping inmitten liebevoll gestalteter Skulpturen aus Draht und Wegwerfmaterial, skurriler Felsformationen und unweit eines Köcherbaumwaldes. Leider ist der «Service» sehr dürftig – als ich Holz für das Braai (Grill) kaufen möchte, hat sich der «Rezeptionist» in Luft aufgelöst … nur der Hund ist noch hier und leistet uns Gesellschaft.

Unser nächstes Ziel heisst Duwisib, eine Anfangs des 20. Jahrhunderts von einem Deutschen Adligen und seiner Amerikanischen Frau mitten in der Wüste gebaute «Schloss-Burg», eigenwillig und wie fehl am Platz. Um dorthin zu gelangen, möchten wir den kürzesten Weg nehmen, eine Piste, welche sich durch die Berge und die weiten Ebenen hinzieht und auch einige Flussüberquerungen aufweist. Normalerweise kein Problem, da diese Riviere fast nie abkommen und somit Wasser führen – dieses Jahr, nach den zum Teil ergiebigen Regenfällen und heftigen Gewittern (mit bis zu 60 mm Regen!), ist eben nicht alles so, wie es jahrelang war … beim ersten grösseren Rivier, dem Fish River, taucht die Pad um eine Kurve zum Fluss hinab – der Fluss führt Wasser und das Ufer ist auf eine Breite von mindestens zehn Meter feucht und schlammig, keine Autospur ist zu sehen ! Hier gibt es definitiv kein Durchkommen und so müssen wir umdrehen (einer der ersten Male in den unterdessen gut 100’000 Kilometern, die wir mit MANni gefahrenen sind) und die ca. 60 Kilometer nach Keetmanshoop zurückfahren .

Nun stehen wir vor der Frage, welchen Alternative wir in Richtung Duwisib und Sesriem nehmen sollen: alles Teerstrasse und somit eine gewisse Sicherheit, dass es keine weiteren unliebsamen Überraschungen geben wird. Oder doch lieber einen Teil Piste über Bethanie und Helmeringhausen mit dem Risiko, an einem weiteren Rivier, der abgekommen ist, zu weiteren Umwegen gezwungen zu werden? … Wir entscheiden uns für die zweite Variante. Und auch hier gibt es bei einem kleineren Fluss kein Weiterkommen – durch das Wasser wären wir zwar gekommen, die weggeschwemmte Piste ist notdürftig repariert, aber die Strasse ist gesperrt und wir wissen nicht, ob im weiteren Verlauf nicht doch noch irgendwo ein nicht überwindliches Hindernis auftaucht … Da es schon späterer Nachmittag ist, uns der hier am Fluss gelegene Campingplatz, resp. die hier herumlungernden Typen, nicht eben gefallen, nehmen wir bald eine kleinere Piste, welche nach Osten in die nahen Berge führt. Auf der Höhe stellen wir uns auf eine ebene Fläche neben die Pad mit einer sensationellen Aussicht über die Ebene und in die Tirasberge.

Das Schloss Duwisib erreichen wir nach einer weiteren abwechslungsreichen Fahrt durch wunderschöne Landschaften. Und auch hier grünt und blüht es überall . Kurz vor unserem Ziel werden wir jedoch an die traurige Tatsache erinnert, dass hier erst vor Kurzem eine lange Dürreperiode zu Ende gegangen ist, welche nicht nur der Natur, sondern auch der Tierwelt arg zugesetzt hat – neben dem Weidezaun sind etliche mumifizierte Rinderkörper fein säuberlich aufeinandergeschichtet!

Duwisib – Märchenschloss mitten in der Wüste oder Spinnerei eines reichen Adligen? Dazu gibt es verschiedene Meinungen – wir könnten uns nach der Besichtigung dieses Kleinods gut vorstellen, in diesem Unikum und in dieser Abgeschiedenheit unseren Lebensabend zu verbringen .

In den letzten zwei Wochen, seit wir in Südafrika in die Tankwa Karoo eingetaucht sind, haben die Temperaturen oft, sehr oft, fast jeden Tag, die 40 Grad Marke oder mehr erreicht. Auch hier ist es heiss und so sind wir freudig überrascht, auf der Guest Farm, wo wir uns hinstellen, einen kleinen, sauberen Pool mit erstaunlich kühlem Wasser vorzufinden – wir geniessen diese Herrlichkeit bis die Haut an den Fingern und Füssen aufgequollen und runzelig ist …

Sossulvlei – DAS Touristen-Highlight in Namibia. Auch wir kommen nicht darum herum. Leider entpuppt sich das Drum und Dran, namentlich die Gebühren für den parkeigenen Campingplatz und für den Shuttlebus ab dem 2×4 Parkplatz, als reine Abzocke – und der Fahrer des Shuttles fährt so rücksichtslos, dass wir auf den hintersten, erhöhten Sitzen fast den Kopf am Dach anschlagen, was Armin dazu veranlasst, laut und deutlich seinem Unmut und seiner unterdessen leicht angestauten Wut Luft zu machen … Wir wissen immer noch nicht, warum wir mit MANni nicht selber bis zum 4×4 Parkplatz fahren durften – unerfahrenen Touristen mit Mietautos, welche sich im weichen Sand festfahren, ist es erlaubt, sanderprobten Reisenden mit eigenem Expeditionsmobil nicht???

Die Wanderung über einen Dünenkamm in den frühen Morgenstunden, die «Abfahrt» zum «Dead Vlei», die skurril anmutenden Baumskelette auf der hellen Lehmebene vor den roten Sanddünen – trotz des Ärgers über die unverschämte Geldmacherei sind wir froh, dieses wunderschöne Naturwunder besucht zu haben. Und als die immer mehr werdenden Scharen von Touristen es schwierig machen, ein schönes Foto zu knipsen und ihnen aus dem Weg zu gehen (da meistens mehr oder minder frisch eingereiste Europäer – Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste – das Virus lässt grüssen ), lassen wir uns vom Shuttlebus (der Fahrer nimmt sich dieses Mal in Acht und fährt sehr vorsichtig ) wieder zum MANni zurückfahren.

 

Grosse Gedankenklammer auf

An dieser Stelle noch eine Anmerkung zur aktuellen Corona-Situation vom 11.03.2020:

Was sich in China und zunehmend auch in Europa abspielt, ist für uns hier in diesem weitläufigen und spärlich besiedelten Land immer noch nur schwer nachvollziehbar. Wir wissen, dass das Virus, eher früher als später, auch Afrika und besonders die afrikanischen Länder, welche touristisch gut erschlossen sind und viel bereist werden, erreichen wird. Was dann passiert und wie viele Erkrankungen und Todesfälle es hier geben wird, ist absehbar und schlicht weg eine Horrorvorstellung. Denn in den riesigen Townships sind nicht nur viele Menschen krank, unterernährt und/oder bei schwacher Gesundheit, auch die Hygieneverhältnisse lassen stark zu wünschen übrig und eine wacklige Wellblechhütte, bewohnt von einer ganzen Grossfamilie steht direkt neben einer ebensolchen Sardinenbüchse … Auch viele andere Menschen hier leben in einfachsten Verhältnissen, sind gesundheitlich angeschlagen, viele von ihnen auch HIV-positiv. Ausserdem ist, vor allem auch in Südafrika, der Konflikt Schwarz/Weiss sehr gegenwärtig – der Unmut der Schwarzen ist sogar eher am Steigen. Uns sind schon Stimmen zu Ohren gekommen, welche sagen, dass die weissen Touristen aus Europa das Virus nach Afrika eingeschleppt haben – was ja auch nicht von der Hand zu weisen ist, denn die wenigen bis jetzt bestätigten Covid-19 Fälle sind aus Europa kommende Touristen! Umso mehr sind wir erstaunt, wie viele dieser Gattung, viele auch eng zusammengepfercht in einem Pauschalreisebus, immer noch in Urlaub fliegen. Von Abstand halten kann keine Rede sein und auch die sonstigen Verhaltensregeln werden kaum beachtet. Wir sind froh, dass wir dem grösstenteils aus dem Weg gehen und uns bei Bedarf in unser kleines Zuhause zurückziehen können.

Was uns seit Anfangs Monat und in den nächsten Tagen zunehmend beschäftigen wird ist die Frage, ob es besser ist, die ganze Krise hier auszusitzen und in die Wüste zu gehen oder ob es nicht doch schlauer ist zu versuchen, einen früheren Flug in die Schweiz zu buchen und nach Hause zurückzukehren …

Grosse Gedankenklammer zu

 

Der angeblich beste Apfelkuchen in Namibia – den gibt es in Solitaire, einer Kleinstsiedlung mit einer Tankstelle, einem Hotel mit Campingplatz, einem Restaurant, wenigen Häusern und einer Bäckerei – inmitten von Nichts, am Rand der Namib Wüste. Nachdem wir heute sehr früh aufgestanden sind und noch nichts gegessen haben, meldet sich der Magen und verlangt vor dem süssen MUSS nach etwas Deftigem. Leider hat danach das üppige Stück Kuchen mit Schlagsahne fast keinen Platz mehr – selber schuld !

Und hier, in diesem ausgetrockneten Nest irgendwo im Nirgendwo von Namibia, begegnen wir einem jungen Schweizer, der soeben ganz alleine in seinem Land Rover die Westroute gefahren ist! Bravo! Es gibt demnach immer noch ein Durchkommen, auch wenn nicht viele diese Reise auf sich nehmen und einige Stimmen sagen, es sei schon lange nicht mehr möglich. Er ist der Erste, dem wir seit unserer Ankunft in Namibia im Februar 2019 begegnen, der das ebenfalls kürzlich und mit einem vierrädrigen Vehikel gemacht hat. Was sind wir Schweizer doch für ein wagemutiges und furchtloses Volk …

Nach den frühmorgendlichen Ärger hat sich der Tag gut entwickelt und geht auch gut zu Ende – das Gecko Camp, etwas abseits unserer generellen Richtung auf der Pad zum Spreetshoogte-Pass (mit bis zu 22% Steigung/Gefälle der steilste Pass in Namibia und für LKW und Campinggespanne verboten) und speziell die Campsite, entpuppt sich als krönender Abschluss dieses speziellen und ereignisreichen Tages. Unser Platz, das Eagle Camp, auf einem kleinen Sattel gelegen, bietet uns nach vorn weite Ausblicke über die Ebene zu den Bergen der grossen Randstufe, welche die Namib Wüste vom Khomas Hochland trennt. Unter uns, etwas entfernt in der Ebene, befindet sich ein künstliches Wasserloch, wo die Tiere der Wüste zum Trinken kommen. Ein einsamer Oryx, eine Herde Springböcke und ein riesiger Warzenschwein-Eber machen uns die Ehren. Hinter uns ragen weitere Berge in den Himmel, nicht sehr weit entfernt. Die Dusche, die Toilette sowie das Waschbecken befinden sich unter freiem Himmel – Dusche und WC sind je lediglich auf drei Seiten durch eine nicht ganz blickdichte «Wand» aus alten, rostigen Fassdeckeln abgeschirmt. Ich habe mich noch nie auf einer Toilette mit einer so grandiosen Aussicht erleichtert ! Apropos Aussicht – wir durften auf unseren Reisen schon manche spektakuläre Aussicht sowie manchen grandiosen Sternenhimmel geniessen – was aber in dieser Nacht über uns am Firmament funkelt und glitzert, haben wir doch noch nie gesehen ! Sogar eine helle Sternschnuppe huscht vorbei – und auch diese ist zu schnell, um rechtzeitig einen Wunsch zu formulieren …

In den letzten Tagen sind wir vorwiegend auf Gravel Pads unterwegs gewesen – die einen sind besser, die anderen steiniger oder holpriger. Auch auf dem Weg nach Swakopmund wechselt der Pistenzustand zwischen super und miserabel. Besser ist sie seit dem letzten Jahr definitiv nicht geworden, ausser an den wenigen Stellen, wo sie vor Kurzem neu geschoben wurde. Neu ist auch, dass kurz vor dem Vogelfederberg (wo wir letztes Jahr eine ruhige Nacht verbracht haben) eine Salzpiste beginnt. Leider ist sie noch im Aufbau und das bringt mit sich, dass die Oberfläche feucht ist und uns einmal gar ein Tanklastwagen, welcher die salzige Brühe versprüht, entgegenkommt. Das Resultat kann man sich vorstellen – ein eingesalzener MANni . Zum Glück hat es in Swakopmund eine Autowäscherei, welche auch LKW säubern kann .

Hier in Swakopmund ist es kühl, nahezu kalt – der Küstennebel lässt die Sonne nur spärlich durchscheinen. Trotzdem machen wir einen Spaziergang in die Stadt, essen ein gutes Stück Kuchen im Café Anton, schreiben Postkarten, welche auch gleich im Briefkasten verschwinden (ja, die gibt es tatsächlich noch !), sind erstaunt, dass fast alle Geschäfte und Restaurants geschlossen sind – ist Corona schon hier angekommen? Haben wir etwas verpasst???  Nein, es ist Patrick’s Day, ein Feiertag – wir sind erleichtert! In einem der wenigen Lokale, die geöffnet sind, einem Pub, wird zur Feier des Tages Corona inklusive Gesichtsmaske gratis angeboten … was für ein Corona ist wohl klar .

Wir starten nochmals den telefonischen Versuch, unseren Flug im April zu stornieren oder umzubuchen – das Band am anderen Ende sagt uns, dass nur Flüge, welche in weniger als 7 Tage stattfinden, behandelt werden … auch hier hat sich das Anrufvolumen vervielfacht und es gibt kein Durchkommen. Wenn wir wenigstens übers Internet etwas machen könnten – aber auch hier Fehlanzeige . Wir sind zu früh dran …

Die unsichere Situation sowie die eventuelle Möglichkeit, in Windhoek mehr erreichen zu können, lässt uns diesen schönen Küstenort nach nur drei Tagen schon wieder verlassen. Am Sonntag, 15. März, geht es zügig über Karibib und Okahandja nach Elisenheim, etwas nördlich von Windhoek gelegen. Hier auf der Elisenheim Guest Farm erhoffen wir uns besseren Internet- und Telefonempfang. Ausserdem sind wir näher an der Hauptstadt und am Flughafen – denn die Schreckensmeldungen über die Anzahl Corona-Erkrankungen und auf das Virus zurückzuführende Todesfälle weltweit sowie über immer mehr stark betroffene Länder nehmen laufend zu.

Unterwegs merken wir, dass es gegen Norden früher und mehr geregnet hat als im immer noch eher trockenen Süden. Das erstaunlich hohe Gras ist schön saftig und blüht. Sanft wiegen sich die langen Halme mit ihren silbrigen Köpfen im Wind. Noch weiter im Norden, in Angola und im Kongo, hat es noch mehr geregnet und, wie wir schon von Reisebekannten gehört haben, sind dort die Flüsse über die Ufer getreten und riesige Wassermassen bewegen sich in Richtung Okawango Delta und Viktoriafälle.

 

Montag, 16. März 2020

Hier auf dem Camping treffen wir verschiedene andere Reisende an. Die einen kommen, die anderen gehen … einige sind vor wenigen Tagen aus Europa angekommen (???), andere sind kurz vor der Grenzschliessung aus Südafrika oder Botswana nach Namibia eingereist. Wieder andere sind schon länger im Land und versuchen, einen Flug zurück in die Heimat zu ergattern oder den gebuchten Flug auf einen früheren umzubuchen … weiter gibt es auch solche, welche planen, ihre Lebensmittel aufzustocken und in Namibia oder gar in einem Nachbarland herumzureisen, bis sich alle beruhigt hat … was zum Teil bedingt, dass sie ihre Aufenthaltsbewilligung verlängern lassen müssen. Und alle warten auf die neusten Berichte – wo passiert was, in welchen Ländern gehen die Zahlen nach oben und wie schnell, warten auf offizielle Aussagen der Behörden, warten auf Nachrichten von bekannten Reisenden, welche sich irgendwo befinden und natürlich auf Nachrichten von Freunden und der Familie zu Hause.

Je länger je mehr ist auch hier eine gewisse Unsicherheit und eine aufkommende, leichte Nervosität zu spüren. Niemand weiss, was er machen soll oder will, was die gescheitere Variante ist … Gerüchte beginnen die Runde zu machen: diese Flüge gehen noch, jene sind schon storniert, die Ausgangssperre kommt … was ist glaubhaft, wie schlimm ist es wirklich und – wie schnell und wie heftig wird das Virus hier einschlagen?

Wir versuchen trotzdem, es gemütlich und ruhig zu nehmen, lesen, schreiben WhatsApp Nachrichten, plaudern mit den anderen Campinggästen – natürlich halten wir einen gebührenden Abstand zu ihnen ein .

Ich beginne schon mal, die Taschen zu packen … man weiss ja nie, ob es dann nicht doch schnell gehen muss … bin mir aber immer noch nicht sicher, ob ich lieber hierbleiben oder in die Schweiz zurückkehren möchte.

Die Nachrichten berichten über immer mehr Grenzschliessungen im südlichen Afrika – die Möglichkeit, nach oder von Namibia ein- respektive auszureisen, wird immer unwahrscheinlicher.

Auch die neusten Nachrichten aus Europa sind auch nicht eben beruhigend …

 

Dienstag, 17. März

Vreni und Louis sind in Südafrika. Wir erhalten von ihnen die Nachricht, dass sie frühzeitig ihre Reise abbrechen und versuchen, am Donnerstag, 19. März einen Flug von Johannesburg nach Zürich zu ergattern. Sie möchten wenn möglich schon dann fliegen …

Am Nachmittag treffen Silvia und Beat, welche wir in Sodwana getroffen und kennengelernt haben, ein, früher als sie es geplant haben. Auch bei ihnen grosse Unsicherheit.

Wir kommen mit einem Deutschen Paar, Michaela und Sepp, ins Gespräch. Sie verbringen schon seit Jahren einen Teil des Jahres in Namibia, haben hier einen eigenen Bakkie mit Campinganhänger und besitzen ausserdem ein Haus auf einer Farm im Erongo Gebiet, somit in der Wüste. Sie laden uns ein, sie am Wochenende und so lange wir möchten auf der Farm zu besuchen, wohin sie sich morgen auf den Weg machen.

Heute sind nur noch wenige Leute auf dem Camping – wohin alle verschwunden sind, was ihre Pläne sind, wissen wir nicht. Viele sind abgefahren, ohne sich zu verabschieden. Es ist auch in diesen Zeiten so, dass sich viele Leute uns gegenüber irgendwie zurückhalten und auf Distanz bleiben – sehen wir so unfreundlich aus, sind wir hier an unserem «Stammplatz» unter den Bäumen zu versteckt oder liegt es an unserem etwas grösseren Reisegefährt(en)?

Am späteren Nachmittag kommt ein Gewitter auf, welches heftigen Regen bringt. Innerhalb kürzester Zeit füllt sich der vor Elisenheim gelegene Trockenfluss mit braunen, trüben Wassermassen. Viele der Restaurantgäste beeilen sich und fahren ihr Auto auf die andere Flussseite, bevor sie, vom Wasser abgeschnitten, hierbleiben müssen. Zur Belustigung der restlichen Gäste werden sie in der Schaufel des Schaufelbaggers wieder auf diese Seite zurückgebracht …

Am Abend ruft der Namibische Präsident Hage Geingob den Notstand aus, vorläufig für die nächsten 30 Tage.

 

Mittwoch, 18. März

Wir bleiben in Elisenheim. Hier sind wir momentan gut aufgehoben und können auch schnell in der Stadt sein, sollte dies aus irgendeinem Grund nötig werden.

Vreni und Louis konnten für morgen einen Flug in die Schweiz buchen und fragen an, ob wir denn keine Möglichkeit sehen, nach Südafrika zu fliegen und von dort mit ihnen nach Hause zurückzukehren. Erstens wird es schwierig werden, so kurzfristig zwei Plätze nach Johannesburg zu ergattern und zudem wird der Flug nach Zürich vollkommen ausgebucht, sogar überbucht sein. Und MANni innerhalb weniger Stunden für eine längere Zeit des Stehens vorzubereiten, fertig packen, den Kühlschrank leeren, abtauen und putzen, dann noch wegen dem sehr kurzfristigen Einstellen nachfragen und eventuell gar eine neue Einstellmöglichkeit organisieren … das ist schlicht nicht möglich. Aber vielen Dank für die Fürsorge .

Wir haben uns entschieden zu versuchen, noch nächste Woche in die Schweiz zurückzufliegen und haben einen Flug von Windhoek via Johannesburg nach Zürich für Dienstag, 24. März gebucht. Wir haben zwar einen längeren Aufenthalt von sechs Stunden in Johannesburg, dafür sind wir dann aber direkt in der Schweiz. Denn alle Lufthansa Flüge von Frankfurt nach Zürich wurden heute annulliert, d.h. auch unser geplante Flug vom 7. April ist gestrichen. Und dass die Air Namibia nicht mehr nach Europa fliegt, wissen wir schon seit ein paar Tagen.

Schon vor ein paar Tagen haben wir nachgefragt, ob wir MANni eventuell schon früher als geplant in der Halle einstellen können – geht klar. Nun, da wir ein konkretes Datum für den Abflug haben, geben wir das an Manfred weiter und zum Glück kommt auch dieses Mal ein nach oben gerichteter Daumen als Antwort ! Wenigstens das sollte reibungslos klappen!

Silvia und Beat haben ebenfalls entschieden, einen Heimflug zu buchen – sie haben versucht, auf denselben Flug wie wir zu kommen und das hat geklappt.

Über das Internet erreichen uns immer mehr alarmierende Nachrichten. Ich bin mir nicht sicher, ob es nicht gescheiter wäre, hier zu bleiben – dann bin ich wieder der Ansicht, dass es doch besser ist, in der Schweiz zu sein … meine Gefühle befinden sich weiterhin auf Achterbahnfahrt.

 

Donnerstag, 19. März

Wir erhalten von Vreni und Louis die Nachricht, dass sie wohlbehalten in Zürich gelandet sind.

Von Carmen, welche wir in Mozambique kennen gelernt haben und die nach Kanada auswandert, erhalten wir ebenfalls eine Nachricht. Sie und ihre beiden Kinder sind etwas früher als geplant geflogen (trotz Corona, aber ihr Visum wäre bald abgelaufen und sie wollte den ganzen Zirkus der Immigration nicht noch einmal mitmachen) und sind gut angekommen. Good luck in your new homecountry!

Da wir momentan davon ausgehen, dass die Swiss, so wie auf der Homepage und über die Nachrichten publiziert, den Langstreckenflugbetrieb ab Montag, 23. März nur noch zu einer Destination in den USA aufrechterhält, können wir eh nicht fliegen … somit nehmen wir das Angebot von Michaela und Sepp, sie auf der Farm zu besuchen, gerne an.

Die SAA, mit welcher wir nach Jo’burg fliegen, hat den Flug annulliert. Wie überlegen uns, einen späteren Flug, mit nur zwei Stunden Aufenthalt in Jo’burg, zu buchen.

Beat hat lange bei der Swissair gearbeitet und sie haben immer noch Kontakt zu Leuten bei der Swiss. Silvia erhält über diesen Weg die Telefonnummer einer Dame bei der Swiss in Johannesburg, welche hoffentlich verlässliche Informationen hat. Sie versucht unterdessen, über diese Dame an konkrete Informationen bezüglich der Chance zu kommen, ob der Flug am Dienstag noch geht respektive ob unsere Destination noch angeflogen wird und wie wir rechtzeitig nach Jo’burg kommen. Laut Aussage der Dame ist alles im grünen Bereich, der Flug geht ganz sicher und sie bucht uns alle vier auf den Flug von Windhoek nach Jo’burg, welcher über die Swiss organisiert wird … ich glaube noch nicht ganz daran, dass alles klappt.

 

Freitag, 20. März

Nicht viel Neues – ausser den weiterhin nicht eben beruhigenden Nachrichten aus der ganzen Welt! Angesichts der Situation und der Zusicherung aus Jo’burg, dass die Flüge wirklich gehen werden, möchten wir in der Nähe von oder in Windhoek bleiben und sagen unseren Besuch auf der Farm per WhatsApp ab. Denn wenn der Flug am Dienstag wirklich gehen sollte – die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt (die Hoffnung, dass der Flug abgesagt wird oder doch die Hoffnung, in die Schweiz zu fliegen? Ich bin mir immer noch nicht sicher …) – haben wir über das Wochenende genug zu tun!

Sicherheitshalber wasche ich noch alles, was sich in meiner Waschtonne befindet. In der Wärme und der trockenen Luft hier ist alles im Nu trocken .

Da Silvia und Beat morgen dorthin fahren werden, wo sie ihr Fahrzeug unterstellen, entscheiden wir uns, auf den Urban Camp in Windheok zu fahren. Vielleicht müssen wir ja doch noch kurzfristig etwas organisieren oder eine Behörde kontaktieren … Sicherheitshalber rufe ich im Camp an um sicherzugehen, dass sie überhaupt noch Platz haben – nun ist bis Montag ein Platz für uns reserviert.

 

Samstag, 21. März

Das Urban Camp kennen wir schon von unserer Ankunft in Namibia im letzten Juni. Wir stellen uns wieder auf denselben Platz, sehr prominent mittendrin .

Erstaunt und erfreut sind wir bei der Ankunft, dass bei allen Wegen, welche zur Rezeption/zum Restaurant führen, links und rechts Sprayflaschen mit Händedesinfektionsmittel angebracht sind – natürlich mit der ausdrücklichen Aufforderung, sich die Hände zu desinfizieren. Aber irgendwie sind die Nachrichten über die Pandemie und Covid-19 nicht bei allen Leuten angekommen oder, was wahrscheinlicher ist, gibt es noch (zu) viele Ignoranten – wir sehen viele Besucher, welche das vorbildliche Angebot respektive Vorgehen des Camps einfach missachten. Sicher, es ist nicht angebracht, in Panik zu verfallen, aber wir sind immer mehr davon überzeugt, dass es wirklich Sinn macht, den Anweisungen der Behörden Folge zu leisten – und dazu gehört eben auch etwas so einfaches die Handhygiene oder Abstand halten!

Wie sich am Sonntag bei einem Gespräch mit dem Besitzer herausstellt, gehört die Firma der Besitzerfamilie, die das Desinfektionsmittel herstellt . Auf unsere Nachfrage, ob wir eventuell eine Flasche kaufen könnten erhalten wir die Antwort: wenn ihr selber eine leere Sprayflasche habt, füllen wir die gern für euch aus unseren Kanistern auf – das Mittel ist reichlich vorhanden, aber die Sprayflaschen sind ausgegangen!

Der Campingplatz hat sich im Verlauf des Nachmittags gefüllt und dementsprechend viele Leute sitzen auch im Restaurant. Zum Glück finden wir für uns alleine einen kleinen, runden Tisch etwas abseits der grossen Tische – wir haben wirklich keine Lust, uns nun noch anzustecken (wenn wir es nicht schon sind, was wir jedoch nicht glauben).

 

Sonntag, 22. März

Unterdessen sind die Grenzen zu allen Nachbarländern geschlossen worden und es kommen nur noch diejenigen Leute auf die wenigen Flieger, welche bestätigte und auch sicher durchgeführte Anschlussflüge haben – wenn diese dann nicht in letzter Minute annulliert werden! Man kann sich vorstellen, was ab nun am Flughafen abläuft … und ich gehe immer noch davon aus, dass auch unser Flug kurzfristig gestrichen wird … obwohl ich unterdessen eher darauf tendieren, dass es vielleicht doch besser ist, diese Krise in der Schweiz auszusitzen.

Wir sind weiterhin mit Silvia und Beat in Kontakt – nachdem einer ihrer Camping-Nachbarn aus Deutschland wieder eine Schreckensmeldung über annullierte Flüge zum Besten gegeben hat, nimmt Silvia nochmals Rücksprache mit der Dame der Swiss in Johannesburg – unser Flug wird nochmals bestätigt. Wir werden sehen … Armin ist da viel zuversichtlicher und ist überzeugt davon, dass wir am frühen Morgen des 25. März in Zürich landen werden.

Auf jeden Fall mache ich weiter mit Packen und Aufräumen … und die wenige Schmutzwäsche, welche sich wieder in meinem Fass befindet, wird heute auch noch bearbeitet …

 

Montag, 23. März

Wir verschieben zur Firma Gorn und auf deren Campingplatz. Hier möchten wir MANni noch fertig bereitmachen, um ihn morgen bei ihnen in der Halle einzustellen zu können. Gepackt ist mittlerweile fast alles, der Kühlschrank ist geleert und kann nun über Nacht abtauen.

Unser Flug soll immer noch planmässig gehen …

Am Abend kommt ein Deutsches Paar, Manuela und Matthias, mit ihrem Bremach-Mobil hierhin. Auch sie haben morgen einen Flug zurück in die Heimat, sind sich aber auch nicht sicher, ob das wirklich klappt.

 

Dienstag, 24. März

Unser Flug sollte um 16:15 Uhr starten – schon früh sind wir fertig, der Kühlschrank ist geputzt, die Lebensmittel, welche ich den Arbeitern der Gorn’s geben möchte, sind verpackt und auch sonst ist alles klar.

Wir treffen nochmals auf Manuela und Matthias, die am frühen Morgen zum Flughafen gefahren sind, um an die neusten Informationen bezüglich ihres Flugs zu kommen – der ist unterdessen annulliert worden! Euch alles Gute und bleibt gesund – wir drücken euch die Daumen, dass ihr schon bald doch noch nach Hause fliegen könnt!

Kurz vor Mittag steht MANni, mit Strom aus der Steckdose versorgt, in der Halle. Tschüss, du Lieber, hoffentlich sehen wir dich in nicht allzu ferner Zeit wieder …

Manfred Gorn fährt uns zum Flughafen. Erstaunlicherweise wird hier kräftig umgebaut – Geld scheint demnach noch vorhanden zu sein. Unterwegs nehmen wir noch Silvia und Beat mit und schon bald stehen wir, viel zu früh, am Check-In Schalter der Air Namibia. Wenig Leute sind hier – nicht eben unerwartet angesichts der Tatsache, dass nur noch wenige Flüge durchgeführt werden. Irritierend ist, dass etliche Touristen mit Gesichtsmasken herumlaufen – sind sie nun gesicherte oder potentielle Virusträger oder meinen sie, sich so schützen zu können? Nicht eben beruhigend – wir bleiben auf Distanz.

Schneller als erwartet öffnet der Schalter und nach kurzer Zeit haben wir eingecheckt. Sich vordrängelnde Mitbürger aus dem grossen Kanton werden am Schalter abgewiesen. Entweder haben sie keinen Anschlussflug oder sie sind auf Standby hier? Ein E-Ticket können sie zwar vorweisen … wir gehen jedoch davon aus, dass der Flug mehr als ausgebucht ist und die wenigsten die Chance ungenutzt verstreichen lassen werden, um herauszukommen …

Die letzten Stunden in Namibia verbringen wir in der weitgehend leeren Abflughalle. Auch ich bin unterdessen froh, dass wir es offensichtlich geschafft haben …

Unser Flug wird aufgerufen – konnten alle in der Abflughalle auf Distanz bleiben, geht das relativ eng zusammengepfercht im Bus dann nicht mehr. Diese Busfahrt wäre gar nicht nötig gewesen – kaum Flugverkehr und nur wenige hundert Meter zum Flugzeug … was soll das?

Der Flug nach Johannesburg ist schlussendlich nur zu ca. ¾ gefüllt – viele Plätze bleiben leer und sowohl Silvia und Beat wie auch wir haben eine Dreier-Sitzreihe für uns alleine. Nachdem die Türen geschlossen sind, läuft einer der Flugbegleiter mit einer Spraydose durch den Flieger und versprüht irgendein Desinfektionsmittel. Weiteratmen oder besser kurz den Atem anhalten?

Wir befinden uns in einer Pandemie-Situation, in welcher man zur eigenen Sicherheit und der seiner Mitmenschen einen gewissen Abstand halten sollte. Es ist wieder einmal erstaunlich, wie schnell solche einfachen Regeln in Vergessenheit geraten. Normalerweise stehen die meisten Leute schon auf, noch bevor der Flieger steht und das Anschnallzeichen erloschen ist. Hektisch wird nach dem Handgepäck gefischt und Bauch an Rücken wird ungeduldig gewartet und gedrängelt, bis das Aussteigen losgeht. – Unser Flugzeug rollt aus, das Anschnallzeichen leuchtet immer noch – und bevor wir zum Stillstand kommen, stehen fast alle, bemächtigen sich ihres Handgepäcks und drängeln in Richtung des noch geschlossenen Ausgangs – Wahnsinn, es geht zu und her wie in normalen Zeiten! Pandemie-Panik mit Maske vor dem Gesicht kontra Pandemie-Amnesie und Drängeln – dieselben Leute! Wieder sind wir erstaunt, wie schnell Menschen krankheitsverhindernde, eventuell gar lebensrettende, einfache, wenn auch ungewohnte Massnahmen wie Abstandhalten, vergessen ! Wir vier bleiben gemütlich sitzen, bis wir in Ruhe und mit Abstand das Flugzeug verlassen können – wir sind ja schon lange in Afrika unterwegs und haben unterdessen die Zeit eingefangen und tragen keine Uhr (mehr) .

Am internationalen Flughafen von Jo’burg ist es ruhig. Jedem Fluggast wird aus grossem Abstand an der Stirn Fieber gemessen – mit dem positiven Effekt, dass für die nächsten Meter der empfohlene Abstand eingehalten wird. Schon bald warten wir am Gate auf unseren Weiterflug – der uns dann in einer fast bis zum letzten Platz gefüllten A340-300 der Swiss pünktlich auf Kurs Heimat bringt … Ein witziges Detail fällt uns noch auf: das Flugzeug ist auf den Namen «Frauenfeld» getauft, unser Flugkapitän heisst Frauenfelder . Von ihm erfahren wir auch, dass dies der letzte reguläre Flug der Swiss von Johannesburg nach Zürich ist – für längere Zeit!

 

 

Mittwoch, 25. März

Der Flug ist ruhig, nur selten rüttelt es ein wenig. Schlafen können wir trotzdem fast nicht – es ist extrem eng hier drin. Uns fällt auch auf, dass es während des Flugs drei bis vier Mal über die Lüftung nach Desinfektionsmittel riecht …

Nach der Landung werden die Passagiere vom Kapitän über das neu einzuhaltende Prozedere beim Verlassen des Flugzeugs instruiert. 15 Minuten warten, dann Erste Klasse aussteigen, dann Bussinnes, später diejenigen mit Anschlussflügen und am Schluss die noch Übriggebliebenen mit Endziel Zürich.  Aber auch das wollen/haben nicht alle verstanden, es wir gedrängelt und so sind plötzlich nur noch wenige Passagiere im hintersten Teil des Fliegers übrig und können ruhig aussteigen.

Und dann beginnt der Ärger: nur eine unserer drei Reisetaschen sind auf dem Gepäckband und als wir das melden, stellt sich heraus, dass die anderen beiden, welche all unsere teuren Sachen wie Gleitschirme, Drohne, GoPro, Satellitentelefon sowie Ladegeräte und -kabel enthalten, wurden nur nach Johannesburg verfrachtet . Leider haben wir das beim Einchecken in Windhoek nicht kontrolliert – wieder etwas Wichtiges dazugelernt!

Monika, die Schwester von Armin, holt uns ab und fährt uns nach Hause, vielen Dank .

 

Ab 26. März

Nun sind wir wieder da und werden es voraussichtlich auch für längere Zeit, als uns lieb ist, bleiben. Da wir uns lange im südlichen Afrika aufgehalten haben, kommen wir nicht aus einem Hochrisikoland und getrauen uns, wenigstens zum Einkaufen und Spazierengehen das Haus zu verlassen. Ansonsten bleiben wir zu Hause – es gibt ja genügend im und ums Haus zu tun!

Unser vermisstes Gepäck wird am Nachmittag frei Haus geliefert und alles ist noch da – wenigstens etwas erfreuliches .

Unterdessen erreichen uns immer dramatischere Nachrichten aus dem südlichen Afrika – wir sind je länger je mehr davon überzeugt, mit unserer frühzeitigen (könnte genauso gut heissen «rechtzeitigen») Heimkehr die richtige Entscheidung getroffen zu haben.

Die Nachricht, die uns am Freitagmorgen von Manuela und Matthias per WhatsApp erreicht hat:

«Kurz aktueller Stand durchgeben. Waren gestern in Windhoek 7 Uhr zum Einkauf, das dachten sich wahrscheinlich viele, denn der Markt war voll. Haben uns für die nächsten 3 Wochen eingedeckt, danach ging es zum Minestry of Home Affairs, wollten oder müssen unser Minestry Visum verlängern lassen, da am 01.04.2020 es ausläuft. Ja, das Problem hatten auch sehr viele, riesige Schlange vorm Minestry. 2 Stunden angestanden, um dann deine Daten auszufüllen, den Zettel wieder abzugeben und dann einem mitgeteilt wurde, dass sie unsere Pässe für 2 Tage Bearbeitung einbehalten. Vor uns waren auch Deutsche, bei denen waren 2 Tage Bearbeitungszeit rum und die wollten ihre Pässe abholen, doch, Afrika lässt grüssen, nix war fertig, die sollten in 5 Tagen wiederkommen. Aber ohne gültiges Visum hat man an der Grenze Probleme. Die Dame am Schalter versicherte uns, dass wir am Freitag 10 Uhr unsere Pässe abgestempelt erhalten. Wir glauben nicht daran. Zumal seit heute viele Geschäfte, Campingplätze … wegen Ausgangssperre geschlossen werden. So ne Scheisse. Und zu guter Letzt soll jetzt in den nächsten Tagen die Rückholaktion starten, und wir ohne Pass. Dieses Problem haben viele, nicht nur mit dem Pass, sondern auch nach Windhoek reinzukommen von ausserhalb. So jetzt können wir nur beten, dass wir nach Windhoek reindürfen, dass unser Pass spätestens am Montag fertig ist, und dass wir keinen Flug bis Montag bekommen. Also, hinsetzen und einen Schnaps zur Beruhigung trinken. L.G.»

Uns geht es gut, wir fühlen uns gesund und versuchen, das auch zu bleiben. Leider, und das fällt mir schwer, können wir mit unseren geliebten Enkeln Joel und Elina vorläufig nur telefonieren – ich warte ganz ungeduldig auf den Moment, wenn ich sie wieder in die Arme schliessen darf und kann.

Und natürlich freuen wir uns auch darauf, die Familie, Freunde und Bekannte wieder zu sehen. Bis dann bleiben wir per Telefon, Mail, WhatsApp usw. in Kontakt.

Ende Januar haben wir auch unseren Rückflug nach Windhoek für den 11. Juni gebucht. So wie wir es einschätzen, wird auch dieser Flug ungenutzt verfallen …

Gebt gut auf euch acht und bleibt gesund .

 

Nachwort

Die Ereignisse im südlichen Afrika überstürzen sich. Fast stündlich können wir in den Nachrichten aus Südafrika und Namibia über weitere drastische Massnahmen und Einschränkungen, welche von den Regierungen angeordnet werden, lesen.

Hier das neuste Beispiel von der Internetseite von Hitradio Namibia:

«Nachrichten

30. März 2020 – Nachrichten am Morgen

Am Samstag wurden drei neue Coronafälle im Land bekannt. Laut Gesundheitsministerium handelt es sich bei allen um Fälle die mit kürzlichen Aufenthalten in Südafrika in Zusammenhang stehen. Eine lokale Übertragung in Namibia gab es demnach weiterhin nicht. Somit liegt die Zahl der aktiven Fälle von COVID-19 in Namibia bei neun. Todesfälle gab es bisher nicht. Alle Patienten befinden sich oder werden in Isolation verbracht. Alle Kontaktpersonen werden durch spezielle Teams aufgesucht und ebenfalls getestet und isoliert.

Staatspräsident Hage Geingob hat persönlich die Maßnahmen zum seit Samstagfrüh geltenden Lockdown in der Region Khomas bekannt gegeben. Hierbei appellierte er an die Menschen zum Wohle aller den Regeln und Anweisungen der staatlichen Sicherheitskräfte Folge zu leisten. Augenzeugen und auch die Polizei berichten von zahlreiche Vergehen vor allem gegen den Aufenthalt außerhalb der eigenen vier Wände insbesondere in informellen Wohngebieten von Windhoek gegeben. Hier hätten die Menschen, vor allem aus Mangel an eigenen Wasseranschlüssen, sich in großen Gruppen bei Wasserausgabestellen versammelt.

(…)  Indessen teilte die Deutsche Botschaft in Windhoek mit, dass heute bereits der zweite Rückholflug, durchgeführt von Lufthansa, abheben wird, Bereits gestern seien 278 Deutsche in ihre Heimat zurückgeflogen worden. Morgen und übermorgen sollen weitere Flüge stattfinden.

Ganz Namibia steht vor einem Lockdown. Dies kündigte Staatspräsident Hage Geingob an. Die genauen Modalitäten und wann die landesweiten Maßnahmen eingeführt werden, würde derzeit im Kabinett und mit Gesundheitsexperten besprochen werden. Es sei nötig den Kampf gegen COVID-19 zu intensivieren, nachdem nun elf Fälle nachgewiesen wurden, so Geingob. Bereits in Kürze wolle man dazu offizielles bekanntgeben. Nichts stehe über der Unversehrtheit der Einwohner und keinerlei wirtschaftliche Interessen dürften bei der Entscheidung eine Rolle spielen.

(…) »

 

Goodby, rafiki yetu. Kwaheri kwa sasa …

 

Gesamtstrecke: 2605.81 km
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