Weltreise

Vom Norden Spaniens in den Norden von Portugal

6. – 12. August 2017

Wider Erwarten ist es am Abend des 5. schon früh ruhig (wir erinnern uns: die Wagenburg der VW-Busse neben uns) – wahrscheinlich ist es den jungen Leuten einfach zu nass und zu kalt, um lange draussen zu sitzen. Somit verbringen wir eine sehr ruhige zweite Nacht auf dem Parkplatz hier am Meer. Das Wetter hat sich zwar am nächsten Morgen etwas gebessert, dafür ist es recht windig und somit doch eher zu ungemütlich, um im Meer baden zu gehen. So entschliessen wir uns, entgegen den ursprünglichen Plänen schon am Sonntag weiter zu fahren, wieder etwas weiter ins Inland, in die Berge. Das Meer werden wir in Portugal und in Andalusien noch ausgiebig geniessen können, wo dann hoffentlich auch wieder besseres Wetter sein wird.

Ein Sonntag im Sommer in Spanien – das heisst, in vielen kleineren und grösseren Ortschaften findet ein Fest oder ein Anlass statt. So werden wir auch heute nicht verschont und stehen schon bald in einer sich nur langsam vorwärts bewegenden Kolonne. Zu unserem Erstaunen ist der Auslöser dieses Staus aber nicht das Fest an und für sich, sondern ein Grossaufgebot der Polizei, welche immer wieder ein Auto aus der Schlange herauswinken und genauestens kontrollieren! Dasselbe Spiel wiederholt sich auf der anderen Seite der Ortschaft, nun aber in der Gegenrichtung. Offensichtlich ist man hier in Nordspanien zurzeit sehr vorsichtig.

Bald wird die Strasse wieder schmäler und windet sich in unzähligen Kurven immer weiter in die Berge und somit auch in die Höhe. Wir befinden uns im Parque Natural de Somedio, eines der letzten Gebiete in Europa, wo wilde Bären leben. Schon bald sehen wir am Strassenrand ein Schild, welches vor diesen grossen Tieren warnt– das wäre doch ein Erlebnis, plötzlich nach einer Kurve einen Bären auf der Strasse zu sehen! Leider trifft dies aber nicht ein, wäre auch zu schön gewesen?!

Schon vor ein paar Tagen habe ich auf der Karte hier in der Gegend einige Bergseen ausgemacht, wo es eventuell einen schönen Stellplatz für uns geben könnte. Etwas Bewegung wäre auch nicht schlecht und so hoffen wir, dort oben einen Platz zu finden und eine kleinere Wanderung machen zu können. Das Strässchen geht sehr steil hinauf, bis wir uns plötzlich in einem Dorf wiederfinden, wo die Häuser so eng beieinanderstehen, dass MANni noch ebenso hindurchpasst! Hoffentlich bleiben wir nicht stecken! Nach dem Dorf hat es einige Parkplätze, welche fast alle besetzt sind. Aber da es noch einige Kilometer zu den Seen sind, fahren wir weiter –was sich als keine sehr gute Idee herausstellt, denn schon bald kommt die nächste schmale Häuserdurchfahrt – dann ist die Strasse zu Ende! Wir sehen, dass ganz am Ende ein paar Autos parkiert sind, somit wenden wir mitten zwischen den Häusern – vorne eine Steinmauer, hinten eine Zufahrt zu einem Bauernhof, wo aber rechts ein Auto vor einem Haus parkiert ist, links eine Dachrinne tief herunterhängt– nicht eben viel Platz, aber es muss sein! Zum Glück kommt jemand, der das Auto etwas nach hinten verschiebt und so gelingt es Armin mit einigem vor- und zurücksetzen MANni wieder in Richtung Talausgang zu manövrieren – uff, das war eng!

Die Gegend in der Provinz Castillon y Léon, welche wir nach diesem Abstecher erreichen, ist dichter bevölkert und somit auch mehr bewirtschaftet – heisst, es ist nicht mehr so einfach, einen Platz für die Nacht zu finden. Und somit sind wir in den nächsten Tagen auch immer wieder auf einem offiziellen Stellplatz oder einem öffentlichen Parkplatz anzutreffen. Welches den netten Nebeneffekt hat, dass wir den Apéro vermehrt auswärts geniessen und hie und da vom WLAN eines besuchten Restaurants profitieren. So können wir auch wieder einmal mit der Jungmannschaft in Oberlunkhofen skypen und finden es schön, dass Joel uns auf diese Weise ganz begeistert von ihren Babyfischen erzählt und sich auch sonst offensichtlich darüber freut, dass er uns nicht nur hören, sondern auch gleichzeitig sehen kann! Elina ist dies alles nicht so geheuer, sie geht doch lieber den Rasen mähen …

Astorga – eine kleine Stadt in der Nähe von Léon, die älteste Stadt der Region, am Jakobsweg gelegen, kann mit einigen Sehenswürdigkeiten aufwarten. So hat es hier einen am Ende des 19. Jahrhunderts von Antoni Gaudi erbauten Bischofspalast, der aber nie als solcher genutzt wurde. Weiter kann die interessante Ausgrabung eines grossen römischen Hauses besichtigt werden. Und am Hauptplatz in der Altstadt, wo sich viele Restaurants befinden und der Jakobsweg mitten darüberführt, befindet sich das Rathaus. Auf dem mittleren Glockenturm dieses Gebäudes ist auf beiden Seite der grossen Glocke je eine in der typischen Tracht gekleidete Figure, rechts ein Mann, links eine Frau, welche jede Viertelstunde die Glocke schlagen. Wie ihr seht, steht manchmal auch Kulturelles auf unserem Programm ?!

Glockenspiel in Astorga

Trotz der vielen Ortschaften und der teilweise intensiven Bewirtschaftung finden wir aber auch immer wieder schöne, mehr oder weniger einsame Plätze. Einmal in einem halb ausgetrockneten Stausee zwischen den träge dahinfliessenden Einmündungsflüsschen. Dies in der Nähe der Baustelle einer grossen Brücke und an der Piste, welche die Baustellenfahrzeuge, eine Staubwolke hinter sich herziehend, befahren. Trotzdem könne wir hier in Gesellschaft von Graureihern und einem Storch eine ruhige Nacht verbringen. Dann wieder stehen wir auf einem kleinen Parkplatz auf einem Pass, wo gerade ein Bulldozer mit viel Lärm und Staub eine Feuerschneise erweitert, welche sich über den Berg hinzieht. Zum Glück macht der Arbeiter um 19:00 Uhr Feierabend ?. Und da die anscheinend hier lebenden Wölfe heute offensichtlich keine Lust verspüren, den noch fast vollen Mond anzuheulen, verbringen wir auch hier eine absolut ruhige Nacht.

Bulldozer an der Arbeit

Übrigens: die Fahrt hierhin auf den Pass war ein richtiges Abenteuer – eigentlich wären es nur wenige Kilometer vom letzten Standplatz hierhin gewesen, schlussendlich mussten wir dann aber einen Riesenumweg in Kauf nehmen. Und das kam so: die schmale, extrem holprige und schlechte Strasse führt irgendwo im Nirgendwo unter einer Bahnlinie hindurch – an und für sich kein Problem. Da die Unterführung aber nur geschätzte 3 Meter hoch ist, für uns eben doch ein Problem – MANni kann sich noch so klein machen, er passt einfach nicht darunter hindurch! Rechts zweigt eine Strasse ab, welche wir somit nehmen. Wobei – Strasse ist übertrieben. Der Teerbelag nimmt immer mehr die Form von vereinzelten Teerinseln an, zwischen denen sich unzählige Schlaglöcher befinden – die Nebenstrassen in Marokko sind da noch besser! MANni quält sich im Schritttempo über hohe Teerabsätze und durch oder um die vielen Löcher und unserem fliegenden Glücksbringer, welcher wir von Mariette und Hansi erhalten haben, werden die Turbulenzen sicher arg zu schaffen machen ?! Hoffentlich halten seine beiden Drahtleinen! Doch damit noch nicht genug: die wenigen Dörfer, welche sich auf der Strecke befinden, sind sehr alt und die Häuser stehen so eng beisammen und haben so tiefhängende Balkone, dass MANni fast nicht hindurchpasst. Wir wähnen uns ins Mittelalter zurückversetzt und wären nicht erstaunt, wenn plötzlich eine Magd oder ein Ritter hinter einem der Häuser auftauchen würde! Diese Gegend nahe der Grenze zu Portugal ist wirklich sehr speziell!

Fast wie im Mittelalter

Nach all diesen Strapazen der letzten Tage kommen wir am Donnerstag zu einem unerwarteten Genuss: der dank dem App park4night gefundene Parkplatz am Douro verfügt über einen Badestrand und so können wir endlich wieder einmal ausgiebigen schwimmen gehen. Herrlich! Und nachdem die Badegäste den Heimweg angetreten haben und auch die Bar geschlossen hat, ist es hier schön ruhig. Denkste – mitten in der Nacht beginnt der Hund unserer Nachbarin, welche hier ihr Zelt aufgeschlagen hat, nur wenige Meter neben uns zu bellen – und das mit einer unglaublichen Ausdauer! Gefühlte zwei Stunden kläfft das Vieh – bis die Dame sich endlich dazu entschliessen kann, aufzustehen und für Ruhe zu sorgen! Am nächsten Morgen hat sie auf jeden Fall schon ziemlich früh und sichtlich genervt ihr Zelt abgebrochen und ist von dannen gezogen …

Wie wir schon vor acht Jahren feststellen konnten, ist es im Dourotal gar nicht einfach, frei zu stehen. Das merken wir auch dieses Jahr wieder. Viele der anhand der Karte oder des Tablets angepeilten Plätze erweisen sich als ungeeignet – sei es, da es sich um einen verwilderten, zu einsamen und nur über eine kilometerlange, enge Strasse zu erreichenden Platz bei einem ehemaligen Bahnhof der einstigen Bahnlinie handelt oder weil MANni schlichtweg zu schwer, zu breit oder zu hoch für die Zufahrt ist ☹. Wir werden natürlich trotzdem jeden Nachmittag fündig und stellen etwas fest, was wir bis jetzt so noch nie geachtet haben: hier in Portugal scheinen die Hunde nur in der Nacht zu bellen – und das überall mit grosser Ausdauer!

Dourotal

Wie in den nahen Gebieten von Spanien ist es auch hier in Nordportugal sehr trocken. Wenn man die haufenweise an der Strasse liegenden vertrockneten, braunen Piniennadeln, das hohe, gelbe Gras sieht, erstaunt es nicht, dass es immer wieder zu verheerenden Bränden kommt! Vor allem auch dann, wenn es stark windet. Wir haben ja bei jeder unserer Portugalreisen verbrannte Wald- und Wiesenflächen gesehen, ganze Hügelzüge, welche schwarz sind. Was wir aber in diesem Jahr an verkohlten Flächen, an Rauchwolken in den Himmel steigen sehen, lässt hie und da doch ein etwas mulmiges Gefühl aufsteigen! Unvergessen sind die Bilder, welche im Juni aus diesem Land um die Welt gingen und die vielen Opfer, die es dann gegeben hat!

Was uns also bei all unseren Plätzen im Irgendwo sehr wichtig ist: wir achten darauf, dass wir im Notfall, sprich bei Ausbruch eines Feuers, so schnell und sicher wie möglich wegfahren könnten. Und wir packen den Grill nicht aus.

Mittlerweile ist es schon wieder Wochenende und wir würden eigentlich gerne wieder einmal für mindestens zwei Nächte am selben Ort stehen bleiben. Die letzte Woche waren wir jeden Tag unterwegs, das muss nicht immer so sein. Ein weiteres Mal hilft uns park4night weiter (das muss wieder aufhören, sich nur nach diesen Apps zu orientieren – die schönsten Plätze haben wir noch immer selber gefunden!) – mit viel Lob wird hier ein Wohnmobilstellplatz auf dem Grundstück eines Weinbauern angepriesen – kostenlos, mit ebensolchem WLAN und ebensolcher Weindegustation. Und da wir sowieso mindestens einmal hier im Dourotal eine Kellerei besuchen wollen, scheint dies eine gute Gelegenheit zu sein. Wir werden nicht enttäuscht: alles perfekt und als Zugabe dürfen wir sogar den erfrischenden Pool, welcher eigentlich für die zahlenden Feriengäste reserviert ist, jeweils bis um 15:00 Uhr mitbenutzen ?!

Eine willkommene Erfrischung!

Alle anderen Gäste, die hier sind, kommen aus Frankreich und so kann sich José, welcher für die englischsprechenden Gäste zuständig ist, am Nachmittag viel Zeit für uns nehmen und die Degustation mit vielen interessanten Informationen dauert schlussendlich beinahe zwei Stunden ?! Wir kommen auch über Privates ins Gespräch und es stellt sich heraus, dass sein Vater das Weingut 1985 gekauft hat, er im selben Jahr geboren wurde – und wir haben ja auch in dem Jahr geheiratet! Das muss also ein ganz spezielles Jahr gewesen sein ? …

Als persönliche Zugabe schreibt uns José noch an die zwanzig Orte auf, wo es in Portugal besonders schön ist und es sich lohnt, hinzufahren – die einen Plätze seien bekannter, andere noch absolute Geheimtipps! Mal schauen, was wir davon alles besuchen werden …

 

Gesamtstrecke: 888.25 km

 

Goodby, rafiki yetu! Kwaheri kwa sasa …

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6 Kommentare

  1. Percy Zaugg Percy Zaugg
    22. August 2017    

    Liebe Penny lieber Armin
    Mit grossem Interesse habe ich euren Reisebericht in Portugal gelesen.Ich freue mich jetzt schon auf jeden Besuch eurer Webseite –
    wie…liebe Penny deine rolle als Reiseleiterin mit weiteren spannenden Abenteuer und eindrucksvollen Berichten.
    Ich wünsche euch auf eurer ” Weltreise” viel Freude und alles Gute .
    Liebe Grüsse
    Percy

    PS: geht Hunden welche in der Nacht kläffen aus dem Wege : -)

    • Penny & Armin Penny & Armin
      23. August 2017    

      Hi Percy
      es freut uns sehr, immer mal wieder etwas von den “alten” Kollegen von Armin zu hören.
      Und auch dir danke für die Blumen …
      Wir geben uns sehr Mühe, nicht immer von den nächtlich kläffenden Hunden belästigt zu werden – aber es scheint hier an jeder Ecke welche zu geben … wir gewöhnen uns allmählich daran ?.
      Liebe Grüsse nach Basel
      Penny und Armin

  2. django django
    14. August 2017    

    kann mich dieser ansicht nur anschliessen ..super reisebericht.! weiterhin alles gute. liebe grüsse django

    • Penny & Armin Penny & Armin
      17. August 2017    

      Lieber Django
      Danke für die Blumen … wir geniessen die Zeit hier in Portugal und werden weiterhin versuchen, euch alle mit spannenden Berichten zu versorgen. Übrigens: dein Glücksbringer ist immer und überall dabei und scheint bestens zu nützen!
      LG

  3. Marion Meier Marion Meier
    13. August 2017    

    Liebe Penny lieber Armin
    Bin fasziniert von euren Reiseberichten, so toll bildlich beschrieben! Man meint dabei zu sein.
    Wünsche euch alles Liebe und Gute für euer Abenteuer. Bewundere euren Mut!
    Herzliche Grüsse aus Obfelden
    Marion

    • Penny & Armin Penny & Armin
      14. August 2017    

      Liebe Marion
      schön von dir zu hören und danke für das Lob! Es freut mich, wenn unsere Berichte gerne gelesen werden. Auch ich habe Spass beim Schreiben und es ist eine gute Art, das Gesehene und Erlebte zu verarbeiten.
      Liebe Grüsse an alle in Obfelden, die ich kenne.
      Penny

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