Weltreise

Unterwegs in Marokko, 08. – 23. Oktober 2016

Liebe Freunde von sWillis (dieses Mal mal ganz normal)

Schon sind wieder zwei Wochen vergangen und unterdessen hatten wir kein brauchbares WLAN. Deshalb wird es nun ein noch ausführlicher und längerer Beitrag als üblich.

In den letzten beiden Wochen sind wir noch zwei Mal je zwei Nächte auf einem Campinglatz gestanden. Wenn das so weiter geht, verpassen wir noch die schönsten Übernachtungsplätze! Das dies nicht so ist und warum wir hier entgegen unserer üblichen Gewohnheit doch öfter auf Campingplätze ausweichen, hat folgende Gründe: es ist doch manchmal eher schwierig, in Marokko einen einigermassen ungestörten Platz abseits der Strasse zu finden, da die meisten Pisten irgendwohin führen und deshalb befahren sind. Dann ist es in der Nähe von Städten oder grossen Ortschaften einfach bequemer und ruhiger, sich auf einem Campingplatz nieder zu lassen. Und als letzter Grund sei das WiFi genannt, welches dort meistens kostenlos zur Verfügung steht, wenn es denn schnell genug ist, die Beiträge hochzuladen!

Als erstes wieder die Auflösung des letzten Rätsels: es ist unglaublich, aber überall, wo wir hinkommen, treffen wir auf … Deutsche! Bis jetzt haben wir fast keine Schweizer oder andere Europäer gesehen, lediglich viele Deutsche, wenige Österreicher oder auch Spanier.

Aber nun die Rückblende auf die letzten beiden z.T. anstrengenden, spannenden und lehrreichen Wochen: am Samstag, 8.10. sind wir vom Camping Atlas in Tineghir abgefahren mit dem Ziel, die Überfahrt von der Todra- zur Dadesschlucht in Angriff zu nehmen. Wir hoffen, dass dies (noch) möglich ist, nachdem wir die Dadesschlucht nicht in der ganzen Länge befahren konnten. Auch haben im Herbst 2014 in Marokko heftige Unwetter gewütet, welche viele Strassen und Pisten zerstört und auch sonst riesige, noch heute sichtbare Schäden hinterlassen haben. Zu Beginn unseres Abenteuers eine breite, gut zu befahrende Piste, welche sich bei Tamtattouchte abgehend über eine Ebene schlängelt. Nachdem wir eine Auberge passiert haben, wird es enger und die Piste windet sich etwas steiniger und holperig in engeren Kurven den Berg hinauf bis auf eine weitere Hochebene. Hier begegnen wir auch den ersten Nomaden, welche sich jetzt im Herbst hier niedergelassen haben. Sie fordern mit Handzeichen Geld von uns, wir fahren aber weiter. Schon von Weiterem sehen wir, dass die Piste von einem breiten Wildbach resp. -fluss über eine längere Strecke weggerissen wurde. Was nun? Als erstes mal die Stelle näher anschauen und dann entscheiden. Leider sind wir, kaum an der Schadstelle angekommen, von richtig aufdringlichen Nomadenfrauen jeglichen Alters umgeben, welche uns den besten Weg zeigen wollen (ist es aber nicht) sowie Geld, Essen, Hautcrème oder was auch immer von uns fordern. Als wir aussteigen, um zu schauen, wo wir durchkommen, werden sie erst recht aufdringlich und nehmen erst ein wenig Abstand von mir, als ich den Spiess umdrehe und Geld von ihnen fordere! Leider nützt das nicht lange und als Armin sich zu Fuss schlau macht, steige ich wieder ein und versuche, so gut es eben geht, die lästige Bande zu ignorieren. Zwischendurch haben wir gar das Gefühl, dass sie uns ob unserer Unsicherheit wegen des Weiterkommens auslachen! Armin findet jedoch relativ schnell einen fahrbaren Weg.Dieser führt geradewegs über eine ca. 1 Meter hohe Abbruchkante in das Oued (trockenes Flussbett) und dann darin weiter. Dieses Manöver bringt die Frauen endlich dazu, etwas von uns abzulassen und als wir wieder auf der Piste sind, können wir etwas beschleunigen, so dass sie zurück bleiben müssen. Aber schon bald das nächste Nomadenzelt, auch wieder an einer schwierigeren Stelle. Hier sind es zwei Kinder, welche sich mit etwas mehr Zurückhaltung hinstellen. Da wir noch Bonbons dabei haben, gebe ich ihnen eine Handvoll. Natürlich zu wenige …

Unpassierbare Piste

Klammer auf: wir sind uns bewusst, dass wir in den Augen dieser sehr armen Bevölkerung unvorstellbar reich sind und sie es deshalb als vollkommen normal betrachten, dass wir von unserem Reichtum, ob Geld oder Naturalien, etwas abgeben. Das Problem für den Touristen ist aber, dass er entweder jedem bettelnden Nomaden oder Bergbewohner etwas gibt (was den Geldbeutel wohl ziemlich schnell schrumpfen lässt oder gar dazu führt, dass er Konkurs anmelden muss, sobald er wieder zu Hause ist) oder dann auswählen muss, wem er etwas gibt. Und in diesem Fall trifft es wahrscheinlich eher den Hartnäckigeren als den Bedürftigen! Wir haben uns also entschieden, wenn immer möglich, nur bei einer Gegenleistung etwas zu geben. Klammer zu.

Irgendwann kommt uns ein Landi mit Anhänger entgegen. Diese haben die Strecke aber nicht von der anderen Seite her bezwungen, wie wir betreffend Informationen gehofft haben, sondern haben sich bei einer weiteren Stelle, wo die Piste weggerissen ist,  entschieden, umzudrehen. Sie sind aber der Meinung, dass wir mit MANni gut durchkommen sollten …

MANni macht’s!

Nach besagter Stelle, welche MANni ohne Probleme bewältigt hat, geht es immer steiler und schmaler weiter den Berg hoch. Die Piste ist aber hier in einem recht guten Zustand und so sind wir zuversichtlich, dass es auf der anderen Seite des Passes so weiter geht. Bis wir oben sind, müssen wir jedoch noch mehrere enge Kehren meistern, wo Armin mit MANni sogar reversieren muss. Und zweimal, als ich vorausgehe, um Armin durch Engstellen zu weisen, bleibt mir doch beinahe das Herz stehen: zuerst wackelt eine grosse Steinplatte am abhangseitigen Rand der Piste unter MANni’s Gewicht dermassen, dass ich fürchte, sie rutscht jeden Moment ab. Und kurz danach ist die Piste am Rand soweit ausgeschwemmt, dass das Hinterrad zu rutschen beginnt und ich Armin zuschreie “er rutscht hine, Gas geh!”. Hoffentlich wird es nicht schlimmer, hier wieder hinunter wollen wir beide nicht! Aber bis zum Pass auf fast 2700 Meter haben wir keine enge oder schwierige Stelle mehr zu meistern und atmen erst einmal auf.

Gute Piste am Pass

Nach einer kurzen Pause nehmen wir guten Mutes die Abfahrt in Angriff – der gute Mut bleibt uns leider nicht lange erhalten. Schon bald kommen uns Nomaden  mit ihren Maultieren entgegen und machen uns mit Zeichen klar, dass es hier nicht weiter geht und wir umdrehen müssen. Umdrehen und über die beiden engsten und unsicheren Stellen wieder zurück? Nur im äussersten Notfall! Lediglich einer der Männer hält sich im Hintergrund und signalisiert Armin, dass es wohl keine Rolle spielt, in welche Richtung wir fahren, beides Sch…! In anbetracht der fortgeschrittenen Uhrzeit und des einsetzenden Nieselregens entscheiden wir, uns am Rand der Piste auf ein ebenes Plätzchen zu stellen, erst einmal unsere Situation zu analysieren, das weiter Vorgehen zu besprechen und hier die Nacht zu verbringen. Dass wir beide nicht zu gut geschlafen haben, versteht sich wohl von selber.

Wie am Vorabend entschieden, machen wir uns am nächsten Morgen (Sonntag) nach einem eher appetit- und lustlosen Frühstück zu Fuss auf den Weg, die weitere Strecke zu rekognoszieren, damit wir uns entscheiden können, welche Seite des Passes das kleinere Übel darstellt. Wir wollten ja schon irgendwann eine Wanderung machen, aber diese ist nicht ganz freiwillig und mit 7 Stunden unterwegs auch länger, als geplant! Na ja, 7 km das Tal hinaus, 500 Höhenmeter hinunter über Schutt und Steine und nochmals Steine und Schutt, dann wieder 7 km zurück, wieder 500 Höhenmeter überwinden, dabei an diesem und jenem Ort, an den schwierig zu überwindenden Stellen,Steine aufeinander schichten, alles in der prallen Sonne, das geht an die Substanz. Und da der Appetit immer noch zu wünschen übrig lässt, kommt auch noch ein gewisses Manco an Energie dazu! Auf dem Rückweg zu MANni kommen uns dann noch einige wenige Fahrzeuge entgegen, deren Fahrer uns fragen, ob wir zum Truck weiter oben gehören, von welcher Seite wir kommen und ob wir wissen, ob und wie es weiter geht. Wir geben so gut wir es wissen Auskunft und merken so langsam, dass 1. offensichtlich schon seit längerem niemand mehr hier durch gefahren ist und 2. wir wahrscheinlich seit Ewigkeiten die ersten mit einem LKW hier sind!  Einer der Touristenführer hilft uns dann noch eine besonders hohe Rampe aufzubauen und fordert die anderen, welche nur wartend herumstehen und zuschauen, auf, ebenfalls mit Hand anzulegen. … kommt ihnen ja auch zu Gute. Wir wandern weiter und endlich, nach gefühlten 15 km, kommen wir bei MANni an. Grundsätzlich sind wir beide der Meinung, dass die kürzere Strecke, welche wir heute abgelaufen sind, das kleinere Übel und machbar ist, auch wenn noch einige kritische und schwierige Stellen sind, wo wir dann vor Ort genau schauen müssen, wie wir es mit MANni schaffen. Aber wir sind optimistisch.

Wo bitte geht’s hier lang?

Nach einem kleinen, frühe Nachtessen legen wir uns schlafen, damit wir morgen früh starten können. Uns tut jeder Knochen weh und wir sind ziemlich erschöpft. Aber auch in dieser Nacht finden wir nur schwer den Schlaf, zu viele Unsicherheiten gehen uns durch den Kopf …

Wir starten früh und fahren im Schritttempo durch die schöne, canyonartige Schlucht und sind froh, gestern schon an einigen Stellen ausgebessert zu haben. Und es entpuppt sich als einfacheres Unterfangen, als wir befürchtet hatten. Schon nach 2 3/4 Stunden erreichen wir die Teerstrasse nach Msemrir und atmen erleichtert auf! Ganz ohne Blessuren ist dieses Abenteuer aber nichz zu Ende gegangen: ich habe an beiden Füssen je eine grosse Blase, Armin und ich klagen beide über schmerzende Knochen und Sehnen und MANni ist auch nicht ungeschoren davon gekommen: bei einer relativen Engstelle unter einem überhängenden Felsen durch hat sich der Koffer plötzlich auf die Seite geneigt und der Astabweiser schrammte am Stein entlang … zum Glück ist das Polyester des Aufbaus heil geblieben! Und so wie er sich nach allen Seiten verbogen hat und über spitze und scharfe Steine steigen musste, werden auch ihm alle Gelenke, Kabel, die Räder und seine Sohlen weh tun!

Au weh!

Langer Rede, kurzer Sinn: dass unser Moto auf der Rückseite einer Ausgabe unserer Karte, was als lustiger Spruch gedacht war, sich überhaupt und dann so schnell bewahrheiten würde, hätten wir nicht gedacht! Für die Nicht-Wissenden: “Wo sWillis sind, ist auch ein Weg … braucht es keinen, MANni machts!”

Der weitere Weg führt uns auf Teer die wirklich eindrückliche Dadesschlucht hinunter und dann weiter in Richtung Erg Chebbi, wo wir nach dieser für alle drei anstrengenden (Tor)Tour eine Pause einlegen möchten.

Serpentinen in der Dadesschlucht

Das Dünenfeld Erg Chebbi ist das grösste in Marokko und natürlich ein MUSS bei einer Marokkoreise. Unterwegs kaufen wir zum ersten Mal bei einem lokalen Metzger ein. Das Rinderbein, welches an der frischen, warmen Luft hängt (wo denn sonst?), ist nicht voller Fliegen, sondern wird von Wespen umsurrt und angeknabbert. Wir ergattern ein grosses Rindskotelette sowie ein dickes Stück vom Bein, samt Markknochen (das ist gut, kommt in die Suppe ;-)). Mal schauen, ob und wie zart das Fleisch ist oder ob ich es zu Hackfleisch verarbeiten muss (ein manueller Fleischwolf gehört zu unserer Ausrüstung).

Am Abend fahren wir einfach mal einige hundert Meter auf einer Piste von der Strasse weg und stellen uns mitten in der Ebene hin. Leider scheinen wir in der Nähe des Schulwegs zu sein. Es dauert nicht lange und einige Kinder mit Schultornistern steuern auf MANni zu, sagen höflich “bonjour” und beginnen, aufdringlich, einzeln, im Chor, leiser, dann lauter und fordernd, auf Arabisch nach etwas zu rufen/betteln, wahrscheinlich nach Süssigkeiten. Zum Glück sind wir schon drinnen und versuchen, so gut es geht, das Rufen zu ignorieren. Irgendwann gehen sie dann weg und ich bin angesichts des doch recht aggressiven Tons der Rufe froh, dass sie nicht herumliegende Steine nach MANni geworfen haben! Soll auch schon passiert sein! Weiter werden wir nicht belästigt, auch nicht am nächsten Morgen.

Der weitere Weg zum Erg Chebbi führt über riesige, wüstenartige Ebenen, die Strasse wird an manchen Stellen auch schon von Sand überweht. Schon von Weitem sehen wir die golden-roten Dünen, welche sich bis zu 150 Meter hoch aus der Ebene erheben. Als wir eine Rast einlegen, ist auch schon jemand an unserer Seite, der gut Deutsch spricht. Der Mann versichert, dass er kein Führer ist, lediglich nach seinen Schafen, Ziegen und Dromedaren schaut, welche letztere übrigens auch für Ausflüge ins Erg genutzt werden … nicht von ihm, er ist kein Führer, sondern von seinem Bruder, der macht das. Und ein Cousin von ihm hat einen Campingplatz, einen sehr schönen, und dort sind auch drei schweizer Fahrzeuge und und und… Er gibt uns seine Karte, nur für den Fall : Hassan Cherhane, “Best Guide to Sahara” ?!!!

Erg Chebbi im Abendlicht

Da wir schon lange keine Landsleute getroffen haben, fahren wir zum wirklich angenehmen Camping, welcher als Zugabe sogar über einen Pool verfügt! Die Schweizer entpuppen sich als zwei solothurner LKWs und ein walliser Buschtaxi, zusammen mit sechs Erwachsenen, vier Kindern und einem Hund. Nachdem wir vor ihrem Quadausflug in die Dünen ein wenig mit ihnen geplaudert haben, ignorieren sie uns dann den ganzen Abend und auch den nächsten Morgen bis zu ihrer Abfahrt und verabschieden sich nicht einmal von uns. Auf so was können wir echt verzichten, da sind uns die offenen und kommunikativen Deutschen schon lieber! Leider sind nicht nur die angetroffenen Schweizer ein Ärgernis: da es die Zeit der Dattelernte ist, hat es viele Fliegen, welche überaus lästig sind. Hier bräuchte mann oder frau eine grosse FLAK: eine FLiegen-Abmurks-Klatsche!

Camping am Erg Chebbi

Es gibt hier aber auch Erfreuliches zu berichten: das Rindskotelett auf dem Grill zubereitet ist erstaunlich zart und schmackhaft, aber leider etwas gar schwarz geraten. Kein Wunder, bei der früh einsetzenden Dunkelheit ist es auch schwierig, zwischen schön braun und schwarz zu unterscheiden!

Unser Ruhetag geht mit verschiedenen, nicht anstrengenden Tätigkeiten schnell vorbei und unsere neue Nachbarn sind wieder einmal … aus Deutschland. Wir sitzen nach unserem Nachtessen, heute in der zum Camping gehörenden Auberge, noch mit ihnen zusammen und lassen den Abend nett plaudernd ausklingen.

Und da wir schon einmal hier in der Nähe einer Sanddünenwüste sind, möchten wir natürlich auch einmal da übernachten. Ganz in die Dünen und in den Sand getrauen wir uns nicht (buddeln muss ja nicht unbedingt sein, zu anstrengend und heiss, wir machen ja Pause!). Wir entschliessen uns deshalb, den Erg Chebbi zu umfahren und auf der Rückseite irgendwo einen schönen Platz am Rand der Dünen für die Nacht zu suchen. Wir finden sogar ein kleines Dünenfeld östlich vom grossen Erg, wo wir uns ganz alleine und ohne Belästigung der omnipräsenten Nomaden und Souvenierhändler hinstellen und den Abend in aller Ruhe geniessen können. Aber von wegen wunderbarer Sternenhimmel in der Wüste ohne Streulicht: der zu 3/4 volle Mond streut so viel Licht, dass wir nicht mehr Sterne sehen als zu Hause! Und der Staub in der Luft steuert auch noch seinen Teil der Verschleierung hinzu! Zum Glück merken wir nichts (mehr) von nassem, tiefgründigem Sand, obwohl an vielen Stellen gut sichtbar ist, dass es hier vor kurzer Zeit viel geregnet hat. Und Ratten haben wir bis jetzt auch noch nicht gesehen. Alles also halb so schlimm.

Ein ruhiger Abend im “privaten” Erg!

Wir verabschieden uns vom Erg Chebbi und schlagen den Weg nach Zagora ein, einer am Rand der Wüste gelegen Kleinstadt. Unterwegs gönnen wir MANni eine wohl verdiente Dusche, immerhin trägt er den Dreck und Staub der letzten fünf Wochen mit sich herum! Und wir machen die erfreuliche Erfahrung, dass man sich hier im Süden auch in die Nähe von Häusern stellen kann, ohne dass irgendwer aufdringlich oder bettelnd vor der Tür steht! Weiterhin fahren wir durch grandiose Landschaften, die Bauweise der Häuser hat sich aber hier im Süden komplett verändert. Hier werden oft grosse, burgartige Gemeinschaftshäuser, sogenannte Kashbas, gebaut. Meistens in der hier traditionellen Bauweise aus Stampferde. Dies bringt es mit sich, dass die Bauten bei Regen arg leiden und immer wieder ausgebessert werden müssten. Leider wird dies häufig vernachlässigt, was dazu führt, dass viele Ruinen oder Halbruinen in der Gegend herumstehen. Immer öfter sehen wir Häuser, welche aus Ziegeln gebaut sind, viele sind noch nicht fertig. Was uns auch auffällt ist, dass es auch hier im Süden von Marokko grosse Flur- und Gebäudeschäden durch Wasser und Geröll hat, ob aus diesem Jahr oder immer noch vom Herbst 2014, wissen wir nicht.

Zerfallende Kasbah

Zagora war früher eine der wichtigsten Karawanenstätte auf dem Weg von Schwarzafrika nach Norden. Hier ist auch der legendäre, auf eine Mauer gemalte Wegweiser “Timbouktou 52 jours”. Von hier oder dann von Foum Zguid aus möchten wir wieder Piste fahren.  Wir stehen aber vorerst (schon wieder!) auf einem Campingplatz, dieses Mal unter Palmen, haben schon erntefrische, reife Datteln erhalten, sind zu Fuss ins Städchen gelaufen (ca. 4 km) und freuen uns über unsere netten Nachbarn, sehr reiseerfahren und aus … Österreich.

Unter Palmen in Zagora

Bevor wir am Montag losfahren, gehen wir noch Einkaufen. Auf dem Parkplatz werden wir von einem netten Garagisten angesprochen, welcher wissen möchte, ob alles in Ordnung ist, ob MANni nicht abgeschmiert werden muss, ob … Er möchte, dass wir, trotzdem wir seine Dienste nicht in Anspruch nehmen müssen, bei seiner Garage vorbeikommen und schickt uns seinen Bruder per Fahrrad, damit er uns den Weg zeigt. Und dieser strampelt in der Hitze vor uns die Strasse entlang … In der Garage lernen wir noch den Cousin, den Nachbarn, den Freund, welcher 16 Jahre in Bern gelebt hat, usw. kennen, werden zum Tee eingeladen und MANni kriegt am Heck einen Kleber verpasst, es werden Fotos gezeigt und geschossen – und um 12:00 Uhr sind wir dann endlich unterwegs! Nur kein Stress – so funktioniert ganz Afrika!

Foto mit der Garagencrew und Kleber

Dieses Mal geht es nur kurz über die Teerstrasse nach Süden. Schon bald biegen wir nach Westen ab, hier beginnt der lange Pistenweg nach Tata, welcher zum Teil über die ehemalige Piste der Paris-Dakar-Rally führt. Zuerst einmal und zum ersten Mal heisst es hier: Luft aus den Reifen ablassen! Unser Weg führt wieder am Rand eines Dünenfeldes, des Erg Chegaga, entlang, und es wird richtig sandig! Also trotz anfänglichem Zögern ein guter Entscheid! MANni muss ziemlich arbeiten und der Zeiger der Tankanzeige bewegt sich erstaunlich schnell in Richtung roter Bereich. Kein Problem, wir haben genug Spritt an Bord (hoffentlich, es geht noch weit bis zur nächsten Tankstelle!)?. Irgendwo im Nirgendwo des Erg Chegaga nehmen wir die falsche Spur und stellen uns am späteren Nachmittag zwischen die Dünen – ein schöner und ruhiger Platz für die Nacht.

Im Erg Chegaga

Weiter geht es über zum Teil übelste Pisten, dann aber wieder über eine riesige Schwemmtonebene, den Lac Iriki, wo MANni locker mit 90 Stundenkilometer eine enorme Staubwolke hinter sich herzieht! Dann geht es wieder über Wellblech oder holprige Kiesebenen, langweilig wird es nicht! Und weniger staubig leider auch nicht, MANni ist schon wieder eher beige als grau … Kurz vor Foum Zguid, wo wir kurz auf Teer unterwegs sind, ist der erste Militärposten, welcher wir passieren müssen (wir sind recht nahe an der algerischen Grenze unterwegs). Das Nummernschild wird notiert, die Daten von Armins Pass – das war’s. Wir fahren noch etwas weiter zur weiterführenden Piste und stellen uns in eine kleine Oase unter Palmen hin. Am nächsten Tag geht es weiter durch die nördlichen Ausläufer der Sahara. Abwechslungsweise fahren wir über sandige Stellen, Kiesebenen (alle drei werden hier z.T. ziemlich durchgeschüttelt), Schwemmton oder auf ganz guten Pisten, wo wir etwas flotter vorwärts kommen. Schon bald nach unserem Start kommen wir an einen weiteren Militärposten. Hier werden wir gründlicher kontrolliert, geben eine unserer vorbereiteten Fichen ab sowie unsere Pässe. Bis das o.k. für die Weiterfahrt von der lokalen Zentrale kommt, dauert es ein wenig. Dafür haben wir Zeit, mit einem der Soldaten zu plaudern. Als die Schranke geöffnet wird, werden wir noch nach Zigaretten gefragt. Wie schon geschrieben, hier in Marokko möchte jeder etwas von uns reichen Europäern, das gilt als vollkommen normal. Solche Posten passieren wir noch mehrere Male, werden aber nie lange aufgehalten, wir sind ja nun auf dieser Strecke gemeldet. Unterwegs sehen wir auf den südlichen Hügelketten einige Militärposten, die Grenze steht unter Beobachtung! Leider können wir nicht die ganze geplante Strecke auf Pisten fahren – plötzlich im Niergendwo steht ein Militärauto samt Soldat und einem Zivilisten mit Funk. Diese haben offensichtlich auf uns gewartet, da gemeldet, und informieren uns, dass die Weiterfahrt nach Tata wegen unpassierbarer Piste in Folge heftigen Regens nicht möglich sei. Sie weisen uns an, entgegen unserer südwestlichen Richtung, wieder zurück nach Nordosten zu fahren und begleiten uns ein Stück des Weges, bis sie sicher sind, dass wir die Piste nach Tissinnt nicht mehr verlassen können. Und als Abschied werden wir wieder nach Zigaretten und diesmal sogar nach Bier gefragt!

Mit 90 km/Std. über den Lac Iriki

Reifenmaltraitierende Piste durch die Geröllebene

Kurz vor Tissinnt erreichen wir wieder Teer, worüber wir dieses Mal richtig glücklich sind. Die Piste über die endlos erscheinende Geröllwüste hat uns arg dürchgeschüttelt! Nach einer ruhigen Nacht fahren wir gemütlich auf der sehr guten Strasse nach Guelmim, wo wir unsere stark geschrumpften Vorräte sowie das Frische wieder auffüllen, bevor wir uns auf den Weg an den Atlantik, genauer zur Plage Blanche nahe TanTan machen. Hier wollen wir eigentlich für zwei Tage bleiben. Aber wie es so ist, kommt es 1. anders als 2. geplant. Wenn wir schon hier sind, möchten wir diesen langen Strand auch gerne wenigstens zur Hälfte abfahren und geniessen. Da wir jedoch mit MANni wegen seinem Gewicht nicht unbedingt auf dem Strand fahren möchten, suchen wir einen Weg auf der Steilküste, welcher sich als zeitweise anspruchsvolle Piste herausstellt. An einer Stelle kommen wir aber doch bis an den Geröllsaum hinter dem Sandstrand, wo wir anhalten und von einem Fischer zwei direkt aus dem Netzt geholten Fische (frischer geht nicht!) kaufen. Leider können wir hier nicht baden, da die Wellen im flachen Wasser einfach zu hoch sind. Also drehen wir unsere Pistenrunde, welche uns wieder ins Hinterland führt, fertig und sind am Abend wieder an der Plage Blanche, wo einer der Fische zum Abendessen verspiesen wird.

Frisch, frischer, am frischesten!

Am Samstag ändern wir unsere Fahrtrichtung: waren wir nun seit unserer Ankunft in Marokko in Richtung Süden unterwegs, geht es nun unwiderruflich nach Norden! Wir bleiben aber vorerst noch am Atlantik, fahren zu einem der vielen Fluggebiete hier, wo wir uns für das Wochenende an einem der Startplätze hinter den LKW eines jungen österreichischen Paares hinstellen. Und am Sonntag wird MANni das erste Mal, seit wir von zu Hause fortgefahren sind, innwendig wieder einmal geputzt!

Sonnenuntergang am Startplatz

Nun sind wir gespannt, was uns die nächsten Tage so bringen. Da wir geplant haben, auf dem Weg nach Hause dem Kellner unseres leider bei unserer Rückkehr geschlossenen Lieblingsrestaurant in dessen Heimat Portugal einen Besuch abzustatten, werden wir uns schon bald weiter in Richtung Norden orientieren müssen. Marrakesh ist noch auf unserer Liste, dort werden wir ev. unsere österreichischen Bekannten von Zagora treffen. Bis es dann Zeit ist, die Strasse von Gibraltar zu queren, geniessen wir noch den marokkanischen Herbst mit angenehmen Temperaturen und lassen die warmen Kleider tief vergraben in der Tasche in MANi’s Führerkabine!

Macht’s gut und bis bald.

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Ein Kommentar

  1. Stahel Andreas Stahel Andreas
    1. November 2016    

    Liebe Penny, lieber Armin

    Wahnsinn, was ihr hier zu berichten habt. Es liest sich so gut, dass man es sich bildlich vorstellen kann.

    Danke für die tollen Berichte und habt eine gute Weiterfahrt.

    Liebe Grüsse

    Andreas

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