Der Abschied von Marokko fällt uns schwer, wie schon einmal erwähnt, aber die Vorfreude auf das nächste Jahr tröstet uns. Und natürlich freuen wir uns auch auf zu Hause, auf unsere Kinder und Enkel. Die Strasse zum Fährhafen in Tanger Med. schlängelt sich der Mittelmeerküste entlang, hinauf und hinunter, Kurve um Kurve, Kilometer um Kilometer. Da wir das Schiff um 11:00 Uhr erreichen und wenn möglich noch unterwegs MANni unter die Dusche stellen möchten, stehen wir schon vor Sonnenaufgang auf und sind früh unterwegs. Somit treffen wir wieder, wie schon am Vorabend, auf junge Soldaten, welche offensichtlich die Nacht biwakierend irgendwo oberhalb der Küste verbringen. Die nördlichen wie auch die südlichen Grenzen von Marokko scheinen wirklich gut bewacht zu sein! Leider finden wir auf unserem Weg keine geöffnete Waschanlage, somit muss MANni all den Dreck und Staub der letzten Wochen mit nach Europa nehmen. Hoffentlich werden wir deswegen nicht am Zoll abgewiesen! Diese Sorge erweist sich als überflüssig: abgesehen vom obligatorischen Scannen des Fahrzeuges vor der Ausreise aus Marokko, um verborgene Personen aufzuspüren und dem für LKWs ebenfalls obligatorischen Abschnüffeln durch einen recht gelangweilt erscheinenden Drogenhund, bevor diese in den Schiffsbauch fahren dürfen, werden wir weder in Marokko noch in Spanien kontrolliert.
Die Überfahrt ist ruhig und es ist Anfangs November immer noch so warm, dass wir im T-Shirt an Deck sein können. Wir geniessen diese kurze Schiffsfahrt, auch deswegen, da es an diesem Tag so klar ist, dass beide Kontinente, welche ja nur 14 km auseinander liegen, von der jeweilig anderen Küste zum Greifen nah zu sehen sind. Die Küstenlinie von Marokko begleitet uns auch noch den Rest des Tages bis zu unserem Stellplatz in Bolonia, einem kleinen Dorf etwas nördlich von Tarifa. Und sogar in der Nacht sehen wir die Lichter von Tanger zu uns hinüberblinzeln, so wie wenn sie sagen möchten “Was geht ihr wieder zurück in den kalten Norden, bleibt doch bei uns!”. Da wir uns nicht mehr in der muslimischen Welt befinden, wo wir grösstenteils ohne die uns wohlschmeckende Droge Alkohol gelebt haben, gönnen wir uns hier im geöffneten Beizli ein Glas Wein zum Apéro. Und somit sind wir wieder zurück in den Reihen der Geniesser dieses vergorenen Rebensaftes und der “Gedopten”!
Auf unserem Weg nach Ílhavo in Portugal, wo wir zu Besuch erwartet werden, machen wir Halt in Lissabon. Hier waren wir schon 2009 mit dem Hymer und wieder stellen wir uns auf die Quaimauer beim Torre de Bélem, gut bewacht vom gegenüber liegenden Polizeiposten. Praktischerweise fährt einer der Sightseen-Buslinien hier vorbei und so sind wir einfach und ohne Parkprobleme schon bald mitten in der Stadt. Einen Tag verbringen wir hier, schlendern durch die Strassen, geniessen das Mittagessen bei Sonnenschein und immer noch angenehmen Temperaturen draussen und nehmen am Nachmittag ein TukTuk zurück zu MANni.
Obwohl wir das westlichste Land Europas schon zwei Mal bereist haben, waren wir noch nie am westlichsten Punkt Kontinentaleuropas. Somit ist es nun an der Zeit, auch diesem doch sehr touristische Ort unsere Aufwartung zu machen. Leider macht das Wetter nicht mit, es ist grau in grau, und so verziehen wir uns nach dem obligatorischen Foto schon bald in die Caféteria. Hier, an der portugisischen Atlantikküste, kennen wir einige schöne Stellplätze und an einem dieser Plätze, welcher uns speziell in Erinnerung geblieben ist, möchten wir wieder eine Nacht verbringen. Leider sind seit unserem Besuch vor sieben Jahren in grosser Zahl Halte(!)verbotstafeln für Wohnmobile aufgestellt worden. Da wir das Risiko, vertrieben zu werden, nicht eingehen möchten, fahren wir weiter. Und dieser Entscheid wird belohnt: wir finden auf dem Parkplatz eines wunderschönen, langen Sandstrandes einen ruhigen Stellplatz, wo wir in einer der wenigen noch geöffneten Bars einen Apéro mit gratis WLAN und farbenprächtigem Sonnenuntergang geniessen können!
Augusto ist am Mittwochabend in Ílhavo angekommen, wir erreichen den Ort am Donnerstag nach dem Mittag. Und von diesem Augenblick an werden wir bis zu unsere Abfahrt am Sonntagmorgen herumgeführt und verwöhnt. Gutes Essen (und Trinken), Bootsfahrten auf den Kanälen und Flüssen in und um Aveiro, ein Besuch im Museum einer Porzellanfabrik, ein Ausflug mit dem Zug nach Porto. Sogar ein zu Ehren des heiligen Martin abgehaltenes Dorffest mit von der Gemeinde gesponserten Marroni steht auf dem Programm. An dieser Stelle nochmals vielen herzlichen Dank an Augusto, dass er sich die Zeit für uns genommen und uns seine Heimat persönlich gezeigt und näher gebracht hat!
Der Rest dieser Reise ist schnell erzählt: ca. 2000 km, grösstenteils Autobahnfahrt, liegen vor uns, bis wir zu Hause sind. Und diese möchten wir bis spätestens am Donnerstag, 17.11., hinter uns lassen. Trotz dem Kilometerfressen finden wir unterwegs, jeweils nur wenige Kilometer von der Autobahn entfernt, schöne und ruhige Übernachtungsplätze und erreichen unseren “Heimathafen” Aeugst um 18:00 Uhr am Abend des 16. November, ziemlich müde von der Fahrerei, aber sicher, gesund und voller schöner Erinnerungen.
MANni hat uns ohne eine einzige Panne in knapp zehn Wochen über 11’676 km Strassen, Pisten und wegloses Gelände geschaukelt und ist uns in dieser Zeit ein bequemes und sicheres Heim gewesen. Wir freuen uns darauf, mit und in ihm die nächsten Jahre unterwegs sein zu dürfen!
Fazit Marokko
Ein Ländername, der uns Europäer an den Orient, an die Farbenpracht der Märkte und an Märchen denken lässt. Wie ist dieses Land, oft auch als Tor zu Afrika bezeichnet, wirklich? Kann es all den vielen Sehnsüchten und Vorstellungen gerecht werden?
Wir haben Marokko als sehr buntes, farbiges Land erlebt. Bunt oder farbig in vielen Bereichen, im erweiterten Sinn:
- wunderschöne Landschaften
- viele unterschiedlich farbige Erde
- vom Hochgebirge zur Wüste
- eine bunte Vielfalt von Gebirgsformen
- Kleider und Kopftücher der Frauen in allen möglichen Farben
- Souks, welche eine wahre Farbenexplosion sind
- Esel in allen weiss-, grau- und schwarztönen
- bunt aber auch die Art der Menschen
- vielfälltig die unterschiedlichen Behausungen
- bunt und afrikanisch das Treiben auf den Strassen, besonders in des Städten
- in allen Farben blühende “Plastikblumen” an den Büschen und im Stassengraben
- bunt …
- farbig …
- veilfälltig …
Diese Land zwischen Tradition, Althergebrachtem und Moderne hat uns fasziniert und in seinen Bann gezogen. Waren wir erst doch eher skeptisch, ob wir uns in einem muslimischen Land wohl fühlen würden, haben sich unsere Befürchtungen in Luft aufgelöst. Sicher ist es gewöhnungsbedürftig, sich als Frau ohne Kopftuch unter all den “betuchten” Frauen zu bewegen. Genau so, wie es offensichtlich nicht alltäglich ist, dass sich eine Frau um die “Geschäfte” kümmert. Bei uns ist dies hier der Fall, da Armin sich noch weniger an sein Schulfranzösich erinnern kann wie ich! Marokko ist aber auch ein Land, welches sich im Wandel befindet. In einigen Gebieten sind mehr junge Frauen ohne Topftuch unterwegs als mit. Und auch die traditionelle Männerbekleidung, welche wir in den Dörfern noch oft sehen, weicht bei den Jugendlichen den Jeans und der Lederjacke. Handy und Ohrstöpsel inklusive.
Auffallend auch die vielen Kinder. Überall, auch in den abgelegensten Gegenden, sehen wir – Kinder. Was uns jedoch auch aufgefallen ist, sind die vielen Schulen, auch mitten in den Bergen. Es scheint, dass viel in das Schulsystem investiert wird. Schon die Kleinsten, Jungen und Mädchen, laufen mit ihrem Tornister oder Rucksack in Scharen zum nächsten Schulhaus. Und somit sind es oft unzähliger Schuhlkinder oder junge Studenten, mit denen wir die Strasse teilen. Sie zu Fuss, wir mit MANni.
Die am Meisten benutzten Verkehrsmittel in Marokko sind das Sammeltaxi und der Sammelbus. Demnach sieht man auch überall Menschen, welche auf eben diese warten. Fahrpläne gibt es natürlich nicht, also stellt oder setzt man sich in die Nähe der Strasse und – wartet. Ebenfalls wartend verbringen die vielen Arbeitslosen den Tag. Natürlich, Zeit hat hier eine andere Bedeutung als bei uns, aber trotzdem fragen wir uns immer wieder, auf was warten all diese Menschen wirklich? Auf Arbeit, auf den Abend, auf bessere Zeiten? Was für eine Zukunft haben diese unzähligen Kindern, nicht nur diejenige aus Marokko? Und was bedeutet dies alles für die Zukunft von Europa?
Die Menschen in Marokko haben wir mit wenigen Ausnahmen sehr freundlich und hilfsbereit erlebt. Vor Allem im Süden haben wir oft “Welcome to Marocco, enjoy your stay!” zu hören bekommen. Auffallend, dass wir es, abgesehen von den wenigen von uns besuchten Maroc Telekom-Filialen, in den Geschäften und auf den Märkten immer mit Männern zu tun hatten! Auch mit den Behörden, allen voran mit der Polizei, hatten wir nie Probleme und wurden an den, v.A. im Süden zahlreichen Kontrollen durchgewunken. Vielleicht liegt es daran, dass momentan wenige Touristen diesen Teil der Erde besuchen und sie von ganz Oben die Anweisung haben, die wenigen Besucher zuvorkommend zu behandeln? Wir auf jeden Fall haben uns zu jeder Zeit sicher gefühlt, ob an einem abgelegenen Stellplatz, in der Nähe der algerischen Grenze oder in einer Grossstadt.
Was uns doch nachdenklich gestimmt hat, ist die bittere Armut, welche speziell in den abgelegenen Berggebieten herrscht. Wir haben uns mehrmals gefragt, wie es für diese Menschen sein muss, was sie denken, wenn wir mit unserem für sie unfassbar teuren, mit Luxus ausgestatteten und mit Lebensmitteln vollgestopften Fahrzeug an ihren mit Plastikplanen und/oder Wellblech, bestenfalls mit Teppichen verkleideten Bretterverschlägen vorbeifahren! Auch das Gefälle des Lebensstandards zwischen Land und Stadt, das Nebeneinander von “Leben wie bei uns vor 50 oder 100 Jahren” und modernem, westlichem Leben ist für uns nur schwer fassbar. Was ist die Welt doch ungerecht. Aber hier beginnt auch das Dilemma: soll man etwas geben und wenn ja, was, wieviel und wem? Fragen über Fragen, auf die wir die Antworten noch suchen müssen.
Auch das Problem mit dem Müll, welcher einfach dort, wo er anfällt, weggeworfen wird, stimmt nachdenklich. Nur an wenigen Orten haben wir Abfalldeponien gesehen und diese waren auch nur Müllhaufen ausserhalb von Ortschaften, welche von Zeit zu Zeit in Brand gesteckt werden. Nur in den Städten gibt es Abfalltonnen oder -kontainer. Wo der Inhalt schlussendlich landet, entzieht sich unserer Kenntnis…
Fazit vom Fazit: landschaftlich und kulturell gefällt uns Marokko sehr. Die Kluft zwischen Reichtum und bitterer Armut ist riesig, was manchmal nachdenklich stimmt und schon fast ein schlechtes Gewissen in uns weckt. Die Achtlosigkeit, mit welcher hier der Abfall “entsorgt” wird, ist für uns unbegreiflich. Sicher, es muss ja nicht gerade so sauber sein wie in der Schweiz, aber ein bisschen an die Umwelt denken könnte nicht schaden. Obwohl wir auch durchaus Bestrebungen gesehen haben, die Anlass zur Hoffnung geben. Und trotz der vielen ambivalenten Eindrücke haben wir dieses Land sehr genossen und freuen uns, es schon bald weiter entdecken und erfahren zu können.
Fazit Testreise
Diese Reise nach Marokko, zum Tor zu Afrika, war für uns die Testreise für unser nächstes, grosses Abenteuer: die Westroute von Marokko nach Südafrika. Die Entscheidung, die Transafrika zu versuchen, war insgeheim eigentlich schon lange vor dieser Reise gefällt worden.
Testen wollten wir Vieles, nun haben wir auf einiges Antworten erhalten und haben noch viel zu tun! Grundsätzlich lässt sich sagen, dass sich MANni in allen Bereichen bewährt hat. Wir können uns kein besseres Fahrzeug für unser Unternehmen vorstellen, wenn es auch ein paar wenige, kleine Details gibt, welche wir anders konstruiert hätten. Und von der Geländegängigkeit und der Motorleistung sind wir schlichtweg beeindruckt. MANni kann mehr, als wir können oder uns getrauen, da sind wir uns sicher! Und auch wenn sein Lebenssaft das grösste Loch in unser Portemonnai reisst: mit einem durchschnittlichen Verbrauch von 25 l auf 100 km können wir uns nicht beklagen!
Folgend einige Sachen, welche wir ändern oder ergänzen müssen resp. möchten:
- wir möchten mehr bewegte Bilder festhalten, also filmen
- mehr Fotos von uns beiden, obwohl wir überhaupt keine Selfietypen sind!
- mehr Fotos, welche eine gewisse Dynamik haben, resp. unser Erleben besser widerspiegeln (MANni in Fahrt, bei schwierigen Passagen etc.)
- einige Änderungen, resp. Erneuerungen an MANni vornehmen, wie neue Stossdämper oder andere Reifengrösse
- die Erwartungen an regelmässige Blogbeiträge senken, da ich mich keinem zusätzlichen, unnötigen Stress aussetzen möchte und wir hier auch vom nicht immer vorhandenen Internet abhängig sind
- Wir selber möchten mehr auf die Menschen zugehen, uns mehr öffnen. Etwas, was wir uns in der westlichen Welt nicht (mehr) gewöhnt sind
- mehr lang haltbare Lebensmittel mitnehmen, auch solche, welche wir als Dank für eine Einladung oder zum Tauschen brauchen können
Sicher gibt es noch einiges, was aufgezählt werden könnte, belassen wir es aber bei diesen wenigen Punkten.
Besonders Armin konnte seine Fahrkünste verbessern und sein Vertrauen in das Fahrzeug stärken. Auch ich fühle mich am Steuer sicher, solang die Passagen nicht zu schwierig sind, sprich, nicht über Stock und Stein gefahren werden muss.
Testen wollten wir auch, ob wir es uns überhaupt vorstellen können, in einer uns so fremden Kultur unterwegs zu sein, praktisch dort zu leben. Viele Länder der Erde, nicht nur in Afrika, sind muslimisch oder durch eine uns fremde Religion und Kultur geprägt und dadurch in Vielem total anders als wir es kennen. Auch dieser Test ist erfolgreich verlaufen und wir beide sind sicher, dass wir uns überall auf der Welt wohl fühlen werden.
Somit steht unserem Vorhaben von unserer Seite her nichts mehr im Weg. Und mit etwas Glück und viel Durchhaltevermögen werden wir es auch schaffen. Da sind wir sicher. Drückt uns die Daumen!
Ganz wichtig ist uns noch folgender Hinweis: wer Vorschläge oder konstruktive Kritik zum Blog, den veröffentlichten Fotos oder den Beiträgen anbringen möchte, ist hiermit aufgefordert, dies zu tun!
Und noch etwas in eigener Sache: immer wieder wurden wir gefragt, ob wir nicht Kleider zum Geben, auch zum Tauschen, dabei haben. Das hatten wir dieses Mal nicht, wissen jedoch, dass wir bei unserer Fahrt durch Afrika, nicht nur in Marokko, öfters mit dieser Bitte konfrontiert sein werden. Deshalb: wer gute, nicht mehr getragene Kleider hat, insbesonders auch Kinderkleider in allen Grössen, T-Shirts, Pullover und Jacken (diese durchaus auch für Erwachsene), kann sich bei uns melden. Wir werden auf unsere Reise mindestens eine Kiste voll davon mitnehmen!
Und weiterhin gilt: WIR BLEIBEN DRAN!
Bis bald, irgendwann. Dann, wenn es wieder etwas zu erzählen gibt …
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